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Brief vom 9. Februar 1702

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


489.


[031]
Marly den 9. Februari 1702.
… Ich bin sehr content von mein sohn, undt ich glaube, daß er auch content von mir ist. Mons. de Pomereu[1], der conseiller d’estat, den der König gutt gefunden, vor mich zu sorgen, ist ein wackerer mann, hatt [032] viel verstandt undt eine gar große vivacitet; were ich in andere hände gefallen, were ich übel dran geweßen, denn meines sohns rähte waren gar nicht woll intentionirt vor mich, undt hette mons. de Pomereu nicht die constitution gefunden durch meines herrn vatter s[eelig] testament, hette ich schmalle bißger bekommen wegen meines dollen heürahtscontract. Es muß eine antipatie zwischen I. L. dem Churfürsten undt hertzog Max sein, denn mich deücht, daß man doch sonsten fro sein solte, seinen leiblichen herrn bruder einigen gefahlen zu erweißen, undt deücht mich, daß man sein geblüdt gegen so nahen verwanten innerlich fühlt undt ihnen gern helffen wolte, also muß eine starcke antipatie zwischen beyden herrn brüdern sein. E. L. naturel ist woll different von deren herrn sohn dem Churfürsten, daß sie sich lieber selber incommodiren wollen, alß Dero herrn sohn, hertzog Max, leyden zu sehen. Pattes[2] guttes gemühte erweist sich jetzt auch in dießem fall[3]. Ich habe mich heütte das schönne wetter woll zu nutz gemacht, bin vor undt nach dem eßen spatziren gangen; wenns schön wetter ist, könten E. L. ja woll in die Ellerrey[4] fahren undt da zu fuß spatziren. Ich mögte wißen, ob das raht[5] noch drinen ist, worinen man so wie in einem ihrgarten geht… Diß letzte mahl zu Cremone seindt des König troupen glücklich geweßen, den printz Eugene auß der statt wider weg zu jagen, so er schon in hatte[6]. Dieße troupen wie auch die Irlander haben sich über die maßen woll gehalten. Wenn sie einmahl wider ahnfangen glücklich zu sein, wirdt es weitter gehen, denn, wie E. L. bißher gesehen, so hatt unßer König allezeit glück gehabt, undt ich hoffe, ob gott will, er wirdts noch weitter haben. Printz Eugene solte man das versprochene gelt geben, so man zu Rom ahngeschlagen, vor die, so der Frantzoßen arm widerfinden würden, denn er hatt sie gefunden undt were schir selber gefangen worden… Hette man meinen raht hir gefolgt, so hette man ehr gesucht, gutte christen zu machen, alß catholische, undt mehr die moeurs zu corigiren, alß den glauben, welcher sich niemahlen zwingen lest, undt ich glaube, wenn man das gethan hette, were [033] alles jetzt beßer, alß es ist, undt mehr gelt im landt. Ob hir zwar keine schlaffen[7] sein, so ist doch der König so absolute, daß niemandes ohne I. M. urlaub von seinen unterthanen auß dem landt darff, wer es auch sei. …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 9. Februar 1702 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 2 (1891), S. 31–33
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d08b0489.html
Änderungsstand:
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