Seitenbanner

Brief vom 12. März 1702

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


493.


[036]
Versaille den 12. Mertz 1702.
Vor einer stundt bin ich mitt E. L. gnädiges schreiben vom 3. dießes monts erfrewet worden, undt ob es zwar billig were, sich zu erfrewen, daß die gutte fraw von Harling ihrer qual abkommen ist, so seindt mir doch die threnen drüber in den augen gekommen, denn ich hatte die gutte fraw recht lieb[1]. Es ist mir leydt, daß die Königin in Preussen so baldt wider weg geht, wolte gern, daß sie lenger blieben, umb E. L. die trawerige gedancken auß dem kopff zu bringen, so der todt der gutten fraw von Harling s[eelig] zuwegen bringen kan. So viel ich vergangene post von Amelisse[2] vernohmen, so fürchten sie[3], von E. L. hoff gehast zu werden undt jalousien zu verursachen; ich kan ihnen aber woll das zeugnuß geben, daß sie recht erkandtlich undt reconnoissant von E. L. gnaden sein undt E. L. von gantzem hertzen dinen mögten. Ob ich die gutte leütte zwar seyder ihrer kindtheit nicht gesehen, habe ich sie doch lieb, weillen sie papa s[eelig] kinder sein, welchem ich so hoch versprochen, sie allezeit lieb zu haben, bin also fro, daß sie es wehrt sein. Ich wolte aber gern, daß Carl Moritz nicht so viel söffe; ich glaube, daß das sauffen, so ihm mad. Gregu[4] in seiner kindtheit gelernt, schuldig ist, daß er so klein geblieben alß wie die hündtger, welchen man in ihrer jugendt brandewein eingibt, umb sie klein zu behalten. So leünisch alß ich auch heütte bin, habe ich doch lachen müßen über die vergleichung, so E. L. Carl Moritz geben von dem tropffen vom citronen biscuit. Er undt ich seindt die kleinsten von allen den kindern von I. G. dem Churfürsten s[eelig]. Wir müßen sagen wie Jodelet: si nous estions artisans de nous mesme, on ne veroit partout que des beautés extremes[5]
Impressum
Datenschutz
KontaktPost
Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 12. März 1702 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 2 (1891), S. 36–37
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d08b0493.html
Änderungsstand:
Tintenfass