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Brief vom 16. März 1702

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


494.


[036]
Marly den 16. Mertz 1702.
… Ich finde den Colb, jetzigen graffen von Warttenberg, recht impertinent; er solte gedencken, daß Louisse doch seines gewesenen landtsherrn [037] dochter ist, er ihr also mehr respect schuldig, alß sie ihm, solte sich derowegen eine ehre machen, ihr glück zu befördern ahnstatt es zu wehren. Ich kan den König in Preussen nicht begreiffen, dießen mann zum favoritten gemacht zu haben, denn es ist doch gar nichts sonderliches ahn ihm. Wie ich sehe, so ist der Warttenberg woll bezahlt, sich so mißheüraht zu haben. Wenn die gräffin von Warttenberg des Königs in Preussen metres nicht ist, so ist es etwaß recht rares, daß ein gering weib, wie sie ist, alles so regirt ahn dem hoff. Mich deücht, wenn ich ahn Louisse platz were, könte ich mich nicht so sehr umb meines neveus affairen plagen, denn der duc de Chonburg hatt ja mittel genung, einen rechtsgelehrten zu unterhalten, der seiner kinder proces führen könte, ohne seiner geschweyen dieße mühe zu geben[1]. … Der marechal de Villeroy kan keine vexirerey leyden, die er nicht selber inventirt; von natur ist er stoltz, kan also gar nicht vertragen, sich gefangen zu sehen[2]. Die lieder von ihm seindt auff die aller eltesten melodien undt die man gesungen, wie die baricade zu Paris waren. …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 16. März 1702 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 2 (1891), S. 36–37
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d08b0494.html
Änderungsstand:
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