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Brief vom 7. September 1704

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


544.


[085]
Marly den 7. September 1704.
… Freylich hatt man kein ursach hir ein tedeum zu singen undt der Churfürst von Bayren ist woll unglücklich geweßen. Marsin[1] ist nicht gefangen; were der Churfürst undt Tallar so glücklich geweßen alß dießer, so hette man gewohnen. Die 26 bataillion, so sich ergeben haben in Hochstädt, habens auff des printz Eugene persuasion gethan. Es war Ingolstadt, so printz Louis belagert hatte, alle gefangene rühmen sehr den general Malbouroug[2] undt meinen vettern von Hessen[3], so ihnen alle hofflichkeit ahnthun. Printz Eugene soll aber nicht so höfflich mitt ihnen umbgehen, welches desto mehr zu verwundern, indem er sie alle kendt; einer von seinen neveux à la mode de Bretagne, ein junger Bellefonds, so 20 wunden bekommen, ist gar trucken von ihm entpfangen worden. … Ehe der König sich ahn taffel gesetzt, hatten I. M. eine gutte zeitung bekommen, nehmblich daß bey Malaga[4] die flotten sich geschlagen undt nach einem combat von 10 stunden hatt unßer admiral[5] 8 von des feindes schiffe desmatirt[6]; die feindes flotte hatt geflohen undt der admiral verfolgt sie, denn der windt, so unßern leütten zuwider war, hatte sich vor sie gewendt. Man hofft also, daß wir baldt noch mehr gutte zeittungen von dießer seehschlagt erfahren werden. Das wirdt ein trost geben gegen den verdruß, so die schlagt von Hochstät erweckt hatte; aber die arme leütte, so die ihrige verlohren haben, wirdt es wenig trösten. Meines sohns gemahlin[7] thut nichts alß weinen, denn I. L. seindt in sorgen vor dero jüngsten bruder[8], welchen sie lieber hatt, alß alle andere geschwister undt gebrüder; er meritirts auch, denn er hatt gutte undt große qualiteten, ich halte auch recht viel von ihm undt [086] wünsche ihm alles glück… Man sicht hir nicht weniger trawer alß bey E. L., der gantze hoff ist schir in trawer; mad. de Cornuel pflegte zu sagen: les Te deum des grands princes sont souvent des De profundis pour les particuliers; so ist es ahn E. L. hoff auch hergangen. Ich wolte, daß Helmonts opinion wahr were undt man es wißen könte, denn es würde ein trost sein: die, so man geliebt hatte, wider leben zu sehen, undt auch noch die hoffnung, daß man wider kommen kan, welches eine ahngenehme sache ist. Churbayren ist nun in Strasburg undt wirdt in Flandern [gehen]; er hatt seine gemahlin undt kinder wider nach München geschickt. Man sagt hir, daß, wenn ein Churfürst seine kinder in sein Churfürstenthum laße, könne man ihn nicht in den bann thun noch die Chur nehmen, undt daß, wenn E. L. herr vatter, der König in Böhmen, es gethan hette, daß man ihm die Oberpfaltz noch erste Chur nicht hette nehmen können. … Man sagt hir, der Keyßer habe mylord Malbouroug zum reichsfürsten gemacht undt der römische König solle in die armée kommen undt dießem mylord die brieffe bringen sambt einem demanten degen undt ein commandostab, auch mitt schönen demanten besetzt. Der marechal de Villeroy ist nun bei Chur Bayren. Waß sie ferner außrichten werden, wirdt die zeit lehren. Daß sich hertzog Max distinguirt hatt, da zweyffele ich woll nicht ahn; Gott seye danck, daß I. L. so woll davon kommen sein. Der Churfürst von Bayren ist sehr intrepide; man weiß hir gar woll, wie ungern die Churfürstin von Bayren gesehen, daß ihr herr sich vom reich geschieden hatt…
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 7. September 1704 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 2 (1891), S. 85–86
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d08b0544.html
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