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Marly den 14. December 1704.
… E. L. audientz war magnifique undt wie sichs gebührt. Es
muß dem mylord geschienen haben, alß wenn E. L. schon seine Königin
weren
[1]. Ich weiß nicht, wer Rede
[2] ist, in deßen hauß E. L. den mylord
logiret haben. Es were schwer geweßen, 30 personnen zu finden, so alle
schön geweßen weren. Ich weiß nicht, wie es zu Hannover ist, allein hir
seindt die schönheitten über die maßen rar; dieße mode, schön zu sein, kompt
gantz ab; die damen helffen auch dazu, denn mitt ihrem ohren weißen undt
haar ahn den schläffen starck zu ziehen sehen sie alle auß wie die weiße
caninger
[3], so man bey den ohren helt, daß sie einem nicht entwischen, undt
machen sich in meinem sinn recht heßlich mitt. Die faulheit, so sie nun
auch haben, den gantzen tag ungeschnurt zu gehen, macht ihnen dicke leiber,
daß sie keine taille mehr haben; also weder von leib noch von gesicht sicht
man nichts schönes. … Ich muß lachen, daß E. L. meinen, daß ich die
leütte hir auff meinen glauben gebracht habe, aber nein, ich habe es hir
gefunden, wie es ist. Es seindt noch viel aberglaubische, doch nicht so, wie
man in Portugal ist, da lacht man hir über; in Ittallien ist man es noch
unerhört. Ich bin auch persuadirt, daß, wenn der duc de Bourgogne
einmahl zur regierung kommen wirdt, die bigotterey die oberhandt bekommen
wirdt. Das geht mich aber nicht ahn, denn ich werde es woll nicht sehen.
Es ist etwaß unerhörts von einem menschen von des duc de Bourgogne
alter, so gar devot zu sein; er sicht keine commedien mehr, er will von keine
opera mehr hören undt die melodeyen von den schönsten operaen da macht
er geistliche lieder auff, umb sie singen zu können; er comunicirt alle
Sontag undt festtag, fast daß es ein ellendt ist; ist auch dürr wie ein
spönhöltzel … Mad. de Maintenon befindt sich nicht woll, sie hatt das fieber,
das macht überall lange gesichter; es hatt aber keine gefahr. …