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Brief vom 21. Juni 1705

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


576.


[109]
Trianon den 21. Juni 1705.
… Ich bin auch gar woll logirt, habe 4 kammern undt ein cabinet, worinen ich E. L. schreibe, das hatt außsicht auff die sourcen, wie man es heist; die sourcen seindt ein klein holtzgen, so so dick ist, daß im hellen mittag die sonn nicht drin scheinen kan; drunter seindt mehr alß 50 brunen, die machen kleine bächelger, die nur ein schu breydt sein, so daß man sie alle überschreyten kan, die seindt mitt gasson[1] bordirt, die formiren kleine inseln, die weydt genung sein, eine taffel undt stühl drauff zu setzen, umb dort in schatten spiellen zu können; auff beyden seyden seindt wie breyte stiegen, denn [110] alles ist ein wenig en pante[2] (diß könte ich nicht auff teütsch sagen), da laufft auch waßer über undt macht auff beyden seytten eine cascade; ist also, wie E. L. sehen, gar ein ahngenehmer ort. Auff der seytten von meiner kammer gehen die bäume schir in meine fenster; auch heist man die corps de logis, wo die princes de Conti, mons. le dauphin, ich undt mad. la duchesse[3] logiren, Trianon sous bois. Es ist hir nicht wie zu Marly, da niemandts hin kommen darff alß wer genent ist; nachmittags dörffen alle menschen herkommen, undt den gantzen tag bis zum nachteßen wirdt gespilt; weillen ich aber nie spielle undt die spieller nicht incommodiren will, gehe ich gleich nach dem eßen in mein cammer, leße undt schreibe undt blauttere mitt meinen damen undt die fraw von Rotzenhaussen[4], so nachmittags herkompt; umb 6 gehe ich spatziren biß halb 8, dan komme ich wider in mein cabinet biß umb 3 virtel auff 10 gehe ich ’nunder in die gallerie biß zum nachteßen; nach dem nachteßen gehe gleich in mein cammer undt zu bett. … Es müßen kinder sein, so ihre unschuldt noch haben, mitt denen reden die genien, wie man pretendirt, denn wie made de Nevers der mad. de Montespan kintbett mitt mad. la duchesse durch die genien erfuhr, war es ein kindt, so in das glaß sahe undt alles sagte was zu Tournay in mad. de Montespan kammer vorging, undt mad. de Nevers war zu Paris. … E. L. ander enckel, der cronprintz, wirdt die wahl von den printzessinen haben können, welches nicht so woll mitt dem Churprintz wirdt ahngehen; bey dem cronprintzen ist kein maußdreck[5] unter dem pfeffer, wie bey dem Churprintzen … Hui[6] undt Liège hatt unßer König weg. Mylord Marlbouroug hatt einen höfflichen abtritt genohmen undt dem marechal de Villar sagen laßen, er hette sein wordt nicht halten können, ihm eine visitte zu geben, weillen der printz Louis von Baaden zu spät kommen undt die sach verhindert. Es scheindt hirauß, daß der margraff undt mylord eben die besten freünde nicht sein, hoffe also, daß sie es einander zu leydt so überzwerg[7] werden ahnfangen, daß es unßerm König zu gutt kommen wirdt. …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 21. Juni 1705 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 2 (1891), S. 109–110
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d08b0576.html
Änderungsstand:
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