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Brief vom 27. August 1705

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


583.


[115]
Marly den 27. Augusti 1705.
… Gestern habe ich mitt ma tante von Maubuisson zu mittag geßen. I. L. haben Dero 5 sinnen gottlob noch gantz, hören gar woll, sehen ohne brillen undt scharpff, haben noch Dero gutten verstandt gar net undt radottiren gar nicht. Wenn sie ahnfängt, hatt man mühe, I. L. zu verstehen, denn sie haben die zung schwer, wenn sie aber ein wenig nach einander reden, kompt die sprach gantz wider undt sprechen wie allezeit undt man verstehet sie gar woll auff frantzösch undt teütsch. Sie können aber gar wenig gehen undt, was mir ahm meisten mißfelt, ist, daß I. L. erschrecklich mager werden. Sie sagen, sie entpfinden gar keine schmertzen nirgendts, verspüren aber täglich, daß sie schwächer werden undt abnehmen; sie haben mich recht attandrirt, sagten, sie meinten, es were das letztemahl, so ich I. L. sehe. Ihre gröste forcht ist, kindisch zu werden; ich glaube aber nicht, daß es geschehen wirdt, der verstandt ist noch zu net dazu. Hiemitt habe ich E. L. recht undt ohne nichts zu verhehlen Dero fraw schwester standt bericht. … Daß der hertzog von Savoyen[1] des Königs troupen vor Chivas[2] solle geschlagen haben, ist gar nicht wahr, aber woll, daß dießes hertzogs ariere garde geschlagen undt Chivas über, wie auch daß mons. de la Feuillade[3] nun Turin belägert. Ich weiß nicht, was der hertzog von Savoyen nuhn ahnfangen wirdt, nun sein secours geschlagen[4] undt printz Eugene starck ahm halß verwundt ist; 7500 mann seindt auff des feindts seydt geblieben undt 1800 gefangen worden; 2500 auff dießer seydt geblieben. Mons de Savoye[5] jamert mich nicht, aber woll seine tugendtsame gemahlin[6] undt zwey kleine printzen; Gott weiß, wo sie hinkommen werden. Man hatt mir verzehlt, daß, wie mylord Marlbouroug wider zurück über waßer gangen, hatte mylord d’Albermarle[7] die ariere garde gehabt; der duc de Villeroy[8], so ihn woll kendt, schickte ihm einen trompetter undt ließ ihm sagen, er wünsche ihm bon voyage; er antwortete dem trompetter: ditte au duc de Villeroy [116] qu’on ce[9] moque de nous et qu’il a raison. Seyder dem haben sie wider zu den unßerigen übers waßer gewolt; le regiment des gardes françoise war aber ahm waßer undt hatt ihnen das überkommen braff verwehrt. Die Brandenburgische undt Braunsweigische troupen halten sich überall woll, sollen in Ittallien wie löwen gefochten haben; man sagt, daß mein vetter, der erbprintz von Heßen[10], allein sie sah von den linien ahnfangen undt daß mylord Marlbouroug gar keine lust dazu gehabt hatte. …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 27. August 1705 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 2 (1891), S. 115–116
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d08b0583.html
Änderungsstand:
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