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Versaille den 10. April 1706.
[Der gärtner] Conrad Weffer bitt mich, ihm einen brieff ahn E. L.
mitt zu geben; weillen ich dieße gelegenheit vor sicher halte, muß ich E. L.
sagen, daß, ob ich zwar all mein bestes thue, so kan ich doch des alten
weibs
[1] gunst nicht erlangen. Sie hatt mir letztmahl geschrieben, daß sie
nicht mehr zu mir kommen würde, undt in derselben [zeit] sagt sie zu meinem
sohn, er solle sie nur hollen laßen, sie wolle so offt zu ihm kommen alß er
wolle. Das thut sie mitt fleiß, denn sie weiß woll, daß er mirs wider
sagen wirdt; sie hofft, mich böß zu machen undt daß mir auß ungedult etwaß
gegen sie entfahren wirdt, so ihr ursach geben könte, gegen mich zu klagen.
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Aber so närisch bin ich nicht, ich sage kein wordt undt gehe immer meinen
geraden weg fort. Der König darff nicht mitt mir reden; wenn er mir eine
indifferente frage gethan, thret er sich herumb, sicht die duchesse de
Bourgogne ahn, obs nicht zu viel ist; will ich aber die conversation weitter
führen, bekomme ich kein andtwort … Wir haben seyder 14 tagen das schönste
wetter hir von der weldt, recht warm, undt es staubt wie im Juni, alle hecken
seindt grün undt in voller blüdt; man sagt, man habe schon die nachtigal
gehört. Wenns wetter bey E. L. ist wie hir, glaube ich, daß die Ellerey
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jetzt auch schon wirdt ahnfangen zu grünen undt werden E. L. drinnen
spatziren können. Ich weiß nicht, ob das raht
[3] noch drinen ist, so wie ein
irgarten threhete, das hatt mich offt erfrewet, wenn ich mitt C. A.
Haxthaussen
[4] undt Anne Lenor Bulaw
[5] drinen herumb lieff; damahlen war
ich ein wenig leichter, alß ich nun bin. …