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Brief vom 16. Mai 1706

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


601.


[132]
Marly den 16. May 1706.
… E. L. werden nun woll erfahren haben, wie daß des Königs trouppen ebenso glücklich in Teütschlandt sein, alß in Ittallien; die linien Hagenaw undt Drusenheim eingenohmen[1] haben undt Landaw belägern. Zu Hagenaw hatt sich die garnison, so 2600 Man starck war, prisonnier [133] de guerre ergeben; es waren lautter säxsische troupen; die fahnen seindt gestern ahnkommen; ich habe sie aber ebenso wenig zu sehen bekommen, alß die brandenburgische, denn sie werden nur im allerheyligsten bey mad. de Maintenon gesehen, wo die prophanen, wie ich bin, nicht hin dörffen. Aber I. M. haben mir die gnadt gethan, mir es gestern ahn taffel zu sagen. Die campagnen fangen auff allen seytten woll vor unß ahn. Ich habe woll gedacht, daß es E. L. nicht quehlen würde, erfrewet mich desto mehr undt wünsche desto gehertzter, daß die campagne endigen möge, wie sie ahngefangen undt baldt ein gutter frieden drauff folgen. Der professer von Hart[2] schreibt ein doll frantzösch, sage E. L. doch gehorsamen danck vor die außlegung von des propheten Ellias raben; warumb hatt er es nicht auff gutt teütsch geschrieben, weillen er ja das frantzosch so gar übel kan? Ob die schriefft vom Elias zwar sehr schlim frantzösch, begreifft man doch woll was er sagen will, undt welches viel glaublicher ist alß was in der h. schriefft stehet. Mich verlangt zu sehen, wie er das von Simson außlegen wirdt. Er solte auch nachsuchen im hebraischen, ob des Bileam eßels discours nicht auch waß anderst bedeütt, wie leicht zu glauben were … Alleweill kompt der chevalier de Nangis[3] undt bringt die zeittung, daß die Frantzosen die inseln St. Christof[4] undt Nielle[5] überfallen, 17 englische kauffmanschiff versengt mitt den wahren, alle neger gefangen genohmen undt allen zucker verschutt undt verdorben; es soll vor 15 millionen schaden dort geschehen sein ahn den Engländern. Ich wolte, daß ihnen diß unglück lust zum frieden machte … Mylord Allifax[6] soll viel verstandt haben; die ordre von der jartiere[7] wirdt ohne zweyffel eine große ceremonie zu Hannover verursachen; ordres stehen woll … Ich kan nicht begreiffen, wo E. L. enckel, der Churprintz, den eygensinnigen humor her hatt. Das lüstern nach den commedien wirdt, wie ich hoffe, der Churprintzes kindern beßere sentimenten einprägen, alß der herr vatter hatt. Mich deücht, es stünde dießem herrn beßer ahn, mitt seinem herrn vattern zu jagen, alß immer bey seiner gemahlin zu sitzen; könte ihn sigr. Ortence[8] nicht poliren? denn junge leütte [134] glauben offtmahlen eher frembden, alß ihren negsten verwandten. Die hertzogin von Zel[9] ist gebohren, umb in ein gemein hauß undt kein schloß zu wohnen, will also wider in ihr naturel kommen. Ich kan nicht begreiffen, wie man nicht gern woll logirt ist, denn mich deücht, daß es eine lust ist, so nie vergeht; I. L. der Churfürst thut woll, das heßlich hauß zur Ghör[10] zu endern. Ich glaube, daß der König in Preussen nun getröst ist, denn er hatt revange gehabt undt man könte ihm singen, nehmblich mylord Marlbouroug: fiés vous en ma colere bientost vous serés trop vangé, wie in Atis[11] stehet. Ich bin ein rauschenplatten knecht, die nie darnach gefragt, ob ich hübsch oder heßlich bin, undt habe mich nie gern gebutzt …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 16. Mai 1706 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 2 (1891), S. 132–134
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d08b0601.html
Änderungsstand:
Tintenfass