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Brief vom 16. September 1706

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


616.


[144]
Versaille den 16. Septembre 1706.
… Ich bin recht in der seelen betrübt, denn just der tag, da E. L. mir letzt geschrieben, ist woll unglücklich vor mich, undt dießes, weillen der marechal de Marcin[1] undt die übrige generals meinen sohn nicht haben glauben wollen, welcher mitt seiner armée auß den linien den feindt attaquiren wollen, aber marechal de Marcin noch keiner von den andern generallen hatt dazu eingestimbt undt haben ordre gewißen, daß sie es nicht thun dörfften. Also hatt mein sohn unglücklicher weiß ihren verfluchten raht folgen müßen; die feinde haben das retranchement attaquirt, wo mons. de la Feuillade[2] vergeßen hatte, den ort zu befestigen, weillen er sich auff zwei flüße[3] verlaßen, so da fließen, hatt aber nicht nachgedacht, daß das waßer bey der hitze trocknet; die feinde seindt durchs waßer kommen, 35 000 mann gegen 8000, seindt also durchgebrochen undt haben Turin entsetzt[4]. Mein sohn hatt sich so lang gewehrt alß er gekont hatt undt ist ahn zwey orten verwundt: hatt einen mousquettenschuß in der hüffte undt einen ahm linken [145] arm zwischen dem ellenbogen undt der faust. Sein balbirer hatt mir geschrieben undt versichert, daß gar keine gefahr dabey ist. Der marechal de Marcin hatt seinen bößen raht mitt dem leben bezahlt, denn er ist umbkommen. Man sicht heütte mehr alß nie, daß, wenn man meinen sohn hette gewehren laßen, daß es beßer were hergangen …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 16. September 1706 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 2 (1891), S. 144–145
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d08b0616.html
Änderungsstand:
Tintenfass