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Brief vom 5. Oktober 1707

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


643.


[167]
Fontainebleau den 5. October 1707.
… Saltzdal muß dem hertzog Anthon Ulrich doch des jahrs erschrecklich viel kosten, allezeit so fest zu haben undt frembde, denn wie E. L. es beschreiben, ist alles gar magnifiq. Lustige gesichter undt geberden kan man hir nicht haben, man sicht nur trawerige oder hönische undt außlachende, welches gar keine lust gibt, sondern offt ungedultig genung macht. E. L. haben woll ursach, des hertzogs Anthon Ulrichs hoff ein irdisch paradeys zu nenen, weyllen jederman so content undt lustig dort, denn wo man übel zufrieden ist, lautter haß sicht, neydt undt hönische gesichter, das kan eher vor eine hölle oder auffs wenigst fegfeüer passiren, alß vor ein paradeys.
Es ist gewiß, daß die pfaffen die arme made de Montespan greülich vor ihr endt tribullirt undt bang gemacht haben; es ist gewiß, daß die arme fraw sehr gelitten hatt vor ihrem todt. Ich finde, daß der König in Schweden viel gewagt hatt, nur mitt zwey reütter zu König Augustus nach Dresden zu gehen; er muß persuadirt sein, daß sein vetter ihn förcht.
Es ist gutt, mitt lachen scheyden, wie E. L. in Salsdal gethan; sie können sagen, daß sie von Salsdal weg sein alß wenn der windt sie weg gewehet hette. Man sicht, wie woll E. L. sich divertirt haben; wo kein haß ist, da macht man sich allezeit undt wie in den sprüchen Salomonis stehet, so ich nun leße: Es ist beßer ein gericht krautt mitt liebe denn ein gemäster ochse mitt haß[1]. Ich finde auch gar woll gesagt in dießen sprüchen: Wenn des Königs ahngesicht freündtlich ist, das ist leben, undt seine gnade wie ein abendtregen[2]. …
Die printzes von Schweden hatt ahn ihren gemahl einen brieff geschrieben, so met verlöff met verlöff so ahnfangen soll: Mein engel, kompt doch baldt wider, denn meine kleine verlangt gar zu sehr nach ihrem cameraden, ewern großen, undt kan nicht mehr ohne ihn leben. Darauff soll der [168] printz geantwortet haben: Mein großer verachtet alles außer ewere kleine undt verlanget nichts mehrers alß wider so gutt warm in ewere kleine, mein engel, zu haben. Das seindt fürstliche discoursen, glaube nicht, daß hertzog Anthon Ulrich sie in seine romans setzt …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 5. Oktober 1707 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 2 (1891), S. 167–168
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d08b0643.html
Änderungsstand:
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