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Brief vom 24. November 1707

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


645.


[168]
Versaille den 24. November 1707.
… Ob E. L. zwar gar geschäfftig den 11. Nov. waren, so waren sie es doch nicht so sehr, alß mein sohn, denn E. L. werden auß meinem letzten schreiben ersehen haben, wie daß das schloß Lerida sich ihm selbigen tag ergeben hatt[1]. Ehe mein sohn nach Spanien verreist, machten die, so ihn haßen, ein liedt auff ihn auff die melodey de Joconde, welches all [169] zimblich böß gestelt war. Ich wieß es ihm; er lachte aber nur undt sagte: elle n’est pas mal faitte et assés plaisante, je leurs pardonne. So lautte das erste liedt:
Gendre et neveu de ce grand Roy,
Vous allés donc paroistre
Encore une seconde foy.
Vous vous ferés cognoistre
Sans consulter dans l’advenir
Tout le monde publie,
Que vous allés pour reunir
L’Espagne a l’Ittallie
etc.
… Es ist etwaß löbliches, daß I. L. der Churfürst den teütschen die courage wider geben hatt[2], nicht vor ihrem feindt durchzugehen, wie sie vor dießem thaten; Mersi[3] muß mehr hertz alß Dungen[4] haben. Es ist woll ein ellende sach, daß man immer von krieg hört undt so gar nichts von frieden; mich deücht doch, daß jederman müdt vom krieg sein solte, denn außer Villar sehe ich niemandts, so waß dabey profitirt noch vortheil davon hatt. Es were ja hübscher, in die Ellerey[5] zu spatziren, alß umb den wall, E. L. müsten nur ein stündtgen eher eßen.
Ich erfrewe mich mitt E. L., daß sie den Churfürsten so in gutten humor gefunden haben; Gott gebe, daß es dawern möge. Ich habe woll gedacht, daß dieße campagne nicht lang dawern würde; gutter verstandt, wie I. L. der Churfürst haben, kan viel in ordnung bringen. Ich erinere mich I. L. gebuhrt alß wenns heütte were[6]. Man führte mich in kirch, umb vor E. L. zu betten; ich entwischte aber durch die garderobe undt E. L. gemahlte kammer undt legte mich in die presentz, wie [E. L.] ins kindtbett kamen, blatt auff den bauch. Niemandts sahe mich noch wuste, wo ich hinkommen war. Aber wie ich E. L. klagen hörte, konte ichs nicht außstehen undt stundt wider auff undt ging auff das altangen; es war schön wetter undt im Mayen; man hatte eine bube[7] wie ein eingewickelt kindt in die vergulte blumenscherb gelecht undt man hatt mir wollen weiß machen, E. L. kindt were da gewacksen, ich glaubte es aber nicht. Darnach wieß man mir den rechten printzen; er war ein schön kindt undt hatte große augen …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 24. November 1707 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 2 (1891), S. 168–169
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d08b0645.html
Änderungsstand:
Tintenfass