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Brief vom 9. Juni 1708

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


660.


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Versaille den 9. Juni 1708.
… Das dialogue von den zwey Braunsweigische postillons auff den printz Eugene ist recht possirlich; das war woll das contrarie von der Braunsweigische dame, die man seüfftzen hörte, undt alß jemandt sie fragte, ob sie umb ihren serviteur seüfftzte, gab sie zur andtwort: scherviteur, watt scherviteur, ick hebbe mick so dick gefreten alß ein schinderteff. Da sehen E. L., daß ich mein Braunsweigs noch nicht vergeßen habe.
Es ist schon lange jahre, daß der duc de Bery nichts spricht, sicht noch hört alß der duchesse de Bourgogne ihre damen, die zu leben wißen alß wenn sie auß dem kuhstall kämen, tractiren ihn wie einen cammerknecht. Er weiß selber nicht mehr, wer er ist, hoffe, daß er es in der armée wider [181] lehrnen wirdt, denn hir lernt er nichts alß die leütte ohne ursach außzulachen, kärchlich zu spillen undt wenig zu zahlen, welches einem herrn von seiner gebuhrt gar nicht zukompt … Alleweill kompt man mir eine zeittung sagen, nehmblich daß mon. Dantin[1], mad. de Montespan ihr rechter ehelicher sohn, die charge von Mansart hatt, so ihm 50 000 francken eintrecht, undt verthut der König über das 10 millionen in bawen, hatt der surintendent ein million vor sich undt hatt 2 oder 3 hundert chargen außzutheillen, da er gelt von zigen kan; ist eine von den nützlichsten chargen vom hoff, surintendant des batimens zu sein.
Der printz Eugene hatt zu viel verstandt, umb E. L. nicht admirirt zu haben. Weillen E. L. ja die rechte ursach wißen wollen, worumb man printz Eugene mad. Simone undt mad. Lansiene geheißen[2] so woll alß den printz de Tureine[3], so war es, weillen zwey gar gemeine huren met verlöff met verlöff so geheißen undt man pretendirte, daß dieße zwey auch darzu gebraucht worden undt allezeit à tout venant beau jeu gaben undt die damen agirten; printz Eugene mag vielleicht in Teütschlandt dieße kunst verlernt haben … Was vor meinen vettern von Hessen zu förchten ist, ist das alte sprichwort, so sagt: Art lest nicht von art[4], undt die eingezogensten werden offt die ärgsten, wenn sie ihren freyen willen bekommen. Mitt der printzessin von Nassau herrn bruder geht es, wie das sprichwort sagt: dans le petit pot sont les mellieurs drogues, weillen er in seiner kleinen figur so viel verstandt hatt. Das findt ich schimpfflich, daß man ahm Keyßerlichen hoff die besoldungen nicht zahlt …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 9. Juni 1708 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 2 (1891), S. 180–181
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d08b0660.html
Änderungsstand:
Tintenfass