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Brief vom 25. Juli 1708

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


664.


[184]
Fontainebleau den 25. Julli 1708.
Erster tagen werde ich das endt von der Octavia[1] leßen, nun E. L. mir die gnade gethan, den schlüßel zu schicken. Daß der hertzog die Solane[2] vor unschuldig will passiren machen, ist, umb haußehre zu retten. In allen sachen lauffen mitt der warheit ein wenig lügen unter. Cotis[3] halt ich vor drucken[4], aber gar nicht vor brutal. Daß Solanna coquet geweßen, hatt Haxthaussen[5] nur zu woll erfahren; Lassé[6] hatt mir auch viel von ihrer coquetterie verzehlt, daß ich also nicht dran zweifflen kan. Ich muß lachen, daß hertzog Christian vor eine verbeßerung hilte, daß sie sich ahn einen endtlich vixirt hatte, mich deücht aber, daß es ein wenig ist wie das alte teütsche sprichwordt sagt: mitt der thür in die stuben fallen, finde, daß der mann desto mehr zu beklagen war, denn were sie allezeit mitt vielen mannsleütten umbringt geweßen, hette sie nichts böß thun können, aber nur einen allein zu sehen ist gefährlich, wie es sich außgewießen hatt. Ich mögte wißen, ob ihr herr gar keine inclination mehr vor sie hatt undt keine lust, sie widerzusehen, insonderheit da man sagt, daß sie noch schön seye. Es ist woll billig, daß die mutter[7] die mühe nimbt, ihrer dochter geselschafft zu halten, denn durch die boße aufferzucht, so sie ihrer dochter geben, ist sie schultig ahn all ihr unglück; das kompt darvon. Hatt sie nie begehrt, ihre kinder zu sehen undt ihr enckel? Das nimbt mich recht wunder. Sie muß glauben, daß [185] man es nicht erlauben würde … Es hatt mich allezeit choquirt undt es war gar nicht billig, daß E. L. der hertzogin von Zelle die handt gaben …
Mich verlangt zu vernehmen, wie E. L. die Königin in Portugal[8] werden gefunden [haben], bin fro, daß E. L. dieß reißgen thun, denn das wirdt E. L. ein wenig verenderung geben. Ich erinere mich des wegs nach Pirmont noch woll: wenn man auß Hammeln fehrt, muß man hernach durch ein gebirch, wo schlimme wege sein undt man allezeit die kutsch halten muste. Ich finde, daß es recht magnifiq ist, daß so viel pferdt im landt von Braunsweig sein, daß man gleich ahn mehr alß einem ort 600 pferdt kan finden, esquipagen zu führen. Ich glaube, daß es der Churprintzes leydt sein wirdt, dieße reiße nicht mitt thun zu können. Wofern bey E. L. daßelbige wetter ist wie hir, werden E. L. eine abscheüliche hitz außstehen, aber mich deücht, daß es nicht so gefährlich ist, alß die kälte, contrarie, schwitzen ist gesundt, das schwembt alles böße weg …
Der marquis Palioti[9] hatt sich gewiß bey E. L. herrn sohn retirirt, weillen er sich vielleicht einbildt, daß er ein bruder vom Churfürsten[10] ist; aber das ist abscheülich, daß man dem Colonna eine von der Palioti dochter geben, denn sie ist vielleicht seine schwester; das ist unerhört, was die connetable gethan[11]
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 25. Juli 1708 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 2 (1891), S. 184–185
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d08b0664.html
Änderungsstand:
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