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Brief vom 1. August 1708

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


665.


[185]
Fontainebleau den 1. Augusti 1708.
… Ich hatte woll läutten hören, ist wuste aber nicht, in welchem dorff; nun weiß ich es. Daß man hir verlohren hatte[1], wuste ich woll, aber keine umbstände, denn man darff nicht davon reden, undt die in der armée sein, dörffen nichts davon schreiben. Ich bin gewiß, daß es E. L. erfrewet, daß Dero enckel sich so woll gehalten undt so glücklich davon ist kommen[2]. … Ich hab zwar mein nachmittagsschlaff verricht, wolte aber [186] nicht schweren, daß mir noch ein wenig ein nickerle käm, denn es ist heütte ein recht schläffericher tag, bin gantz thum, fürchte, daß es nun übel mitt meinem schreiben ablauffen wirdt. Weillen der roman[3] vor lügen muß genohmen werden, wirdt die printzes von Allen[4], so man vor unschuldig drin will passiren machen, übel entschuldiget. Es were mir leydt, wenn ich schuldig sein solte, daß I. L. der Churfürst undt der hertzog von Braunsweig sich über den roman wider brouilliren solten. Der hertzog[5] hatt den Churfürsten[6] beschrieben nach der printzes von Allen[7] klagen, denn sie soll sich alß sehr über ihren herrn beklagt haben, daß er zu trotzig mitt ihr umbginge, aber nicht, daß er sie solle erwürgt haben. Mich wundert, daß der Churfürst kein ordre hinterlaßen, daß man Gott in allen kirchen dancken solle, wenn einige gutte botschafft kompt. Zu Strasburg fürcht man I. L. den Churfürsten unerhört. Wenn so braffe leütte umbkommen, denck ich alß ahn made Cornuel, die sagte, daß der Könige Te Deum der particuliers ihre de profundis seyen … Alle unßere printzen, so in der armée sein, befinden sich Gott lob woll, sie haben sich woll gehalten. Mons. de Vandosme[8] soll zwey personen, so bey dem duc de Bourgogne sein, die schuldt geben, daß die schlagt verlohren gangen. Mons. de Vandosme hatt hertz undt verstandt, aber man wirfft ihm allezeit vor, daß er ein wenig faul ist undt gern zu bett ligt oder met verlöff auff dem kackstuhl sitzt. Es ist lenger alß 10 jahr, daß mir jemandts, so des duc de Bourgogne oroscop gesehen, gesagt, daß I. L. unglücklich in krieg sein würden undt eine bataille verlihren; es ist doch wunderlich, daß es sich so eingetroffen hatt. Man redt nicht weniger hir von der bataille, alß bey E. L., aber ins ohr undt nicht offendtlich …
Ich schnarch unerhört, seyder ich so unmäßig fett gewortten bin, gehe derowegen zu Versaille, wenn man predigt, nicht ’nunder wo der König sitzt, denn ich fürcht alß ich werde ihm ein gesetzgen daher schnargen, gehe derowegen in die tribune, wenns predigttag ist. Die gespenster fürchte ich gar nicht …
Es ist wunderlich, daß bey der großen hitze der Rhein so außgeloffen ist; diß jahr wirdt kein gutt weinjahr werden, denn weillen der Rhein so groß, wirdt man Bachus altar nicht bey Bacharach zu sehen bekommen, welches das zeichen vom gutten wein ist …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 1. August 1708 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 2 (1891), S. 185–186
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d08b0665.html
Änderungsstand:
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