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Brief vom 18. August 1708

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


667.


[187]
Fontainebleau den 18. Augusti 1708.
… Der graff von Efferen soll ein gar wackrer mann sein, hatt sich gar woll gewehrt, drumb hatt man ihm auch alles accordirt was er gefordert; seine gemahlin ist zu Heydelberg bey den raugräffinen. Louisse kan wider schreiben; ich finde sie glücklich, daß sie in dem gutten Heydelberg sein konnen … Das muß ich gestehen, daß mein sohn Gott sey danck nicht von verstandt fehlt, er hatt auch nicht übel studirt undt weiß ein wenig mehr alß die andere fürsten vom Königlichen hauß. In die schwerste sachen hatt er seine gröste lust; das macht auch, daß er offt die leichtsten sachen zu viel negligirt. Lerida undt Tortose hatt er allein durch seine eygene opiniatretet erobert, denn der gantze kriegsraht war dargegen; darnach hatt man ihm alles fehlen laßen, da hatt er durch industrie machen müßen, daß er undt seine armée nicht hungers gestorben sein.
Der Bayerfürst[1] jammert mich; ein Churfürst unter die Frantzoßen ist wie ein fisch auß dem waßer, man weiß nicht mehr, was es ist. Es hatt mich geschmertzt, wie ich Chur Cöln[2] so gar ellendt undt schimpfflich habe zu Versaillen herumer trottlen sehen ohne jemandts rechts bey sich zu haben. [188] Unter unß geredt, ich finde, daß der König in Preussen eine thorheit thete, wenn er sich wider verheürahten solte[3] undt würde eine schlegte freündtschafft ahn seines sohns gemahlin erweißen, die er doch so lieb soll haben, ihr eine Königin vor die naß zu setzen. Dieße große freündschafft muß abgenohmen haben; das habe ich woll gefürcht, wie ich gesehen, daß er so viel reißen ohne seine kinder that; ich forchte, daß dießer König ein wenig unbeständig ist. Die gedult, umb gebutzt zu sein, so der König in Preussen hatt, hette ich mein leben nicht, sich kopffwehe zu machen wegen einer mütz.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 18. August 1708 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 2 (1891), S. 187–188
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d08b0667.html
Änderungsstand:
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