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Brief vom 23. Dezember 1708

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


676.


[196]
Versaille den 23. December 1708.
… Ich schicke E. L. hirbey neüe lieder, so mir zu handen kommen, ohne daß ich wißen kan, von wem; sie seindt mir auff der post geschickt worden. Sie pretendiren in ihrem liedt, daß mons. Do[1] wie Polichinelle von marionetten herumbgeloffen seye. Alles ist mode in Franckreich; nun ist es mode, sich zu fürchten undt wegzulauffen undt geschlagen werden, wie es vor dießem die mode war, den feindt zu jagen undt zu schlagen. Daß kinder obersten seindt, kompt von dem kauffen undt verkauffen.
… Mons. de Bouffler[2] wirdt nun Flandern commandiren, ist schon hingereist. Ich glaube, daß mons. de Vandosme mitt sein kackstuhl[3] in sein schön hauß d’Annette[4] wirdt bleiben undt vergnügter da sein, alß niemandts in der welt. Ob die printzen wider zu feldt gehen werden, weiß ich noch nicht. Mons. Do ist nie auß faveur weder bey dem König noch mad. de Maintenon gekommen, also ist die gantze famille mehr gewaltig alß nie, undt wißen es woll. Seyder des Königs enckel wider zu hauß sein, finde ich I. M. nicht lustig, sehen immer serieux undt übel zufrieden auß undt reden gar wenig …
Der König in Preüssen macht sich viel zu schaffen, aber mich deücht, er könte woll die helffte unterlaßen; man sagt alß in teütsch: Wer will haben zu schaffen, der nehm ein weib undt kauff ein uhr undt schlag einen pfaffen. Aber ich glaub, daß der König in Preüssen genung mitt dem ersten puncten wirdt zu thun finden ohne die zwey andern von nöhten zu haben …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 23. Dezember 1708 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 2 (1891), S. 196
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d08b0676.html
Änderungsstand:
Tintenfass