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Brief vom 20. Januar 1709

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


679.


[199]
Versaille den 20. Januari 1709.
… Alle tage sterben hir leütte von kälte, man begräbt 18 undt 20 auff einen tag hir; kein mensch, so alt er auch sein mag, kan sich erinern, einen solchen frost erlebt zu haben. Alle spectaclen haben zu Paris auffgehört, kein protzes kan mehr solicitirt werden, niemandts kan mehr au palais gehen, die presidenten undt rahtshern gehen nicht mehr ’nein, niemandts kan mehr in kutschen fahren, alles geht zu fuß, undt alle tag hört man von leütte, so arm undt bein brechen, undt in allen heüßern seindt krancke, alle meine leütte seindt schir kranck, die ahm gesundesten sein, haben den husten undt schnupen …
Man kan woll vom König in Preüssen das sprichwordt sagen, daß er sich eine ruhte auff seinen eygenen hindern gebunden hatt[1] undt hette das heürahten woll unterlaßen können. Ich habe bey der duchesse de Bourgogne erfahren, daß alle reformirten einen ertzfeindt verlohren haben, nehmblich des Königs beichtsvatter, den pere de la Chaise[2], er war 85 jahr alt; das wirdt braffe intriguen geben, umb einen in seinen platz zu setzen. …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 20. Januar 1709 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 2 (1891), S. 199
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d08b0679.html
Änderungsstand:
Tintenfass