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Brief vom 6. Juni 1709

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


696.


[215]
Versaille den 6. Juni 1709.
… Monsieur s[eelig] hette gern I. G. mein fraw mutter[1] her gehabt, aber ich, die weiß undt sehe, wie es hir ist undt wie mancherley chagrin I. G. s[eelig] sich würden über den halß geladen haben, ich habe gemeint, ich könte nicht beßer thun, alß I. G. solches zu widerrahten. Mir haben sie es doch nicht mercken laßen, daß sie meinen trewen raht übel genohmen hetten; sie hetten hir nur ungemach, chagrin undt indigneteten außzustehen; das were gewißlich gar wahr geworden, undt drumb habe ich gedacht, daß es meine schuldigkeit were, I. G. davor zu warnen, denn man kan all sein leben nicht incognito bleiben; hetten sie leütte gesehen, hetten sie nicht mitt [216] ihr gelebt, wie sie thun solten, das hette die Churfürstin verdrossen, undt niemandes zu sehen, da hette sie sich nicht in resolviren können; alle bastert hir hetten vor sie gehen sollen, da hette ich alle tag neüe chagrin gehabt undt hette mich herumb beißen müßen, daß es ein ellendt geweßen were.
Ich dachte nicht, daß mons. de Torcy[2] so furchtsam were, vor angst ohnmächtig zu werden; er ist nun wider hir. Mylord Tausegen[3] hatt gar übel im frieden operirt; es wirdt nichts drauß werden, man wirdt sich biß auff den letzten bludtstropffen wehren, undt alles ist so verbittert, daß ich glaube, daß es abscheüliche schlagten geben wirdt, da graust mir vor ahn zu gedencken. Hir lest sichs gar nicht zum frieden ahn. …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 6. Juni 1709 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 2 (1891), S. 215–216
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d08b0696.html
Änderungsstand:
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