Brief vom 6. Februar 1710

[236]

Versaille den 6. Februari 1710.

… Ich fürchte alß daß der Czaarwitz^[1] undt sein landt noch nicht genung gezämbt sein undt daß die arme printzes von Wolffenbuttel^[2] nicht glücklich mitt dießem herrn sein wirdt. Hertzog Anthon Ulrich schreibt mir, daß der papst einen expressen zum König August geschickt, umb ihm ins gewißen zu reden, damitt er dem Czaarwitz eine catholische printzessin [237] verschaffen möge. Diß mag auch woll die ursach sein, warumb die Königin in Poln, so lutherisch ist, den heüraht mitt der printzes von Wolffenbüttel pressirt. Der papst mag woll dem fürsten von Fürstenberg auch befohlen haben vor die printzes von Saxsen-Weißenfelß. Pere Vota^[3] mischt der sich nicht in dieße sach, der doch so eyfferig ist? Alle jesuwitter seindt dem papst sehr ergeben.
Des herrn von Selz^[4], so man auch mons. Louis hieße, erinere ich mich noch gar woll, denn er caressirte mich allezeit sehr; von seiner mutter habe ich gehort, daß I. G. s[eelig] sie ahn ein officir verheüraht hatten undt daß ihr das so zu hertzen gangen were, daß sie auß betrübtnuß die zehrung bekommen undt gestorben were. Ich habe ihr contrefait in migniatur, so gar schön ist.
Zu endt dießes brieffs muß ich E. L. ein historgen verzehlen, so man mir vor zwey tagen verzehlt. Ein mönch in Spanien, so vor einen heylligen passirte, wurdt von viellen ersucht, vor sie zu betten. Es kam aber einsmahl eine junge fraw zu ihm undt batt ihn sehr inständig, er mögte doch vor sie betten, daß sie ein kindt bekommen mögte. Er sagte trucken herauß, er wolte es nicht thun. Sie fragte, warumb nicht? Er andtwortte: Ich bette nur vor waß ich nicht selber thun kan; waß ich aber selber thun kan, da bett ich nicht vor. …