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Brief vom 19. März 1710

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


722.


[242]
Versaille den 19. Mertz 1710.
… Der friede scheint noch in weitten feldern undt alle ahnstalt wirdt zum krieg gemacht; alle herrn geistlichen undt le clergé, wie mans hir heist, geben dem König ein schön pressent dazu, nehmblich 27 millionen. Solte Gott den Holländern undt Englandt in sinn geben, frieden zu machen, könte der Keyßer den krieg nicht allein führen, so müste woll frieden werden. Mylord Marlbouroug will sich von troupen geliebt machen undt wie er geitzig ist, wirdt er gedencken, daß, wenn er ihnen allen freyen willen ungestrafft läst, daß sie ihm nicht auff die finger sehen werden was er profitirt. Es ist woll loblich ahn I. L. dem Churfürsten von Braunsweig, ordre ahm Rhein gehalten zu haben; unßer Herrgott wirdt I. L. davor segnen. Es wundert mich nicht mehr, daß des Czaars troupen reussiren, weillen sie von Teütschen undt Schotten commandirt sein, die den krieg verstehen … Wenn es wahr ist, wie man meint, daß printz Eugen den frieden hindert, gönne ich ihm das schönne pressent vom König in Preussen gantz undt gar nicht. Ich habe gehört, daß der hertzog von Savoyen selber ein aug auff Maylandt hatt; ich hoffe, er wirdts seinem cadet[1] nicht laßen. Liberal mag printz Eugenius woll sein, er ist aber nicht danckbar, denn er hatt dem König hir große obligation undt erkendt es gar schlecht. Der duc de Marlbouroug machts, wie ich sehe, wie le seigneur Harpagon in der commedie von Molliere[2]. Es ist ja leyder nur zu sicher, daß es krig bleiben wirdt.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 19. März 1710 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 2 (1891), S. 242
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d08b0722.html
Änderungsstand:
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