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Brief vom 26. April 1711

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


757.


[273]
Marly den 26. April 1711.
Gestern gegen mitternacht kam zeitung, daß der Keyßer[1] ahn seinen kinderblattern gestorben seye den 17. dießes monts. Beyde Keyßerinen jammern mich. Es were noch eine sache, wenn der frieden drauß kommen könte. Die zeit wirdt lehren, was drauß werden wirdt. Man hört ahn allen ort undt enden von nichts alß betrübtnuß …
In kirchen gehen ist meine geringste penitentz hir im landt; spott undt verachtungen seindt schwerer zu verdauen. Mein beichtsvatter[2] versichert [274] aber, daß es der weg zum himmel ist; man muß sich also nicht drüber beschwehren noch klagen. Ein bildt nach himmel fahren sehen würde mich gar nicht divertiren. In den clöstern macht man zu Paris auch h. gräber; es ist aber nicht gemein; waß aber gemeiner ist undt schir in allen klöstern gemacht wirdt, das seindt krippen mitt ein hauffen puppen, alß ein christkindtchen, schäffer, die jungfer Marie undt sanct Joseph. Ich finde es aber zu kindisch, umb mich damitt zu divertiren. Monsieur s[eelig] groß divertissement war, à la feste Dieu das tabernackel mitt seinen juwellen zu ziehren. Wenn ein hauß außsterben soll, gehet es geschwindt fort; vom hauß Ostereich ist ja nun noch ein eintziger vorhanden undt der hatt keine erben …
Der König in Preüssen hatt eine fette gans gemäst undt fort geschickt[3], will, wie ich sehe, eine andere mesten. So geht es bey den großen höffen zu …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 26. April 1711 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 2 (1891), S. 273–274
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d08b0757.html
Änderungsstand:
Tintenfass