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Brief vom 17. März 1712

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


789.


[306]
Versaille den 17. Mertz 1712.
… Gestern hatt mich mons. le dauphins hündtgen weinen machen: das arme [thier] kam gestern in die tribune von der capel, suchte seinen herrn, wo er ihn das letzte mahl hatte knien sehen, sahe alle menschen gantz betrübt ahn, alß wenn er unß alle fragen [wollte], wo sein herr hinkommen were; das hatt mich recht gejammert. Es frewet mich auß zwey ursachen, in das allerheyligste zu gehen, erstlich, man hört den König nie sprechen, alß dar, undt ich, die ich den König respectire undt liebe, es war mir schmertzlich, ihn mein leben nicht alß durch audientzen sprechen zu können; zum andern so schiene es eine rechte ungnadt sein, allein von den gantzen Königlichen hauß außgeschlossen zu sein. Außer die zwey ursachen habe ich keine, so mich wünschen machte in den cabinet. Ich bin auch fro, daß E. L. sehen, daß sie sich betrogen, wie sie gemeint, daß Dero gnade vor mich undt mein attachement vor dießelbe ursach war, daß ich nicht ins cabinet ging; die ursach, warumb man mir aber nun erlaubt, hineinzugehen, weiß ich warlich, denn wie man mirs vor dießem abgeschlagen hatte, habe ich nicht mehr davon gesprochen, auch glaube ich nicht, daß die unglück dran schuldt sein, es seye, daß man mir will glauben machen, daß mad. la dauphine allein dran schuldig geweßen seye. Es ist schimpflich vor Churpfaltz, daß er die eintzige raugräffin, so ungeheüraht ist undt nie keine kinder bekommen kan, nicht alles gibt was ihr gehört … Die rage gegen meinen sohn ist ärger, alß nie; sie wollen nicht sehen, daß des letzten dauphins todt [307] gegen sein interesse ist, er soll den auch vergifft haben. Mein sohn wolte Homberg in die bastille schicken, weillen man gesagt, daß dießer auff meines sohns befehl den gifft preparirt hette, drumb wolte mein sohn, daß man ihn ernstlich examiniren solte. Der König weiß gar woll, daß kein wordt ahn dießer leichtverdigen lüge wahr ist, undt ob I. M. es zwar offendtlich ahn tag geben, ist man doch so boßhafft bey hoff, nur das übel glauben zu wollen undt nicht die warheit. Damitt hofft man zu verhindern, daß der König meinen sohn in staadtssachen brauchen möge, sondern sich auff andere verlaßen …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 17. März 1712 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 2 (1891), S. 306–307
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d08b0789.html
Änderungsstand:
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