[306]
Versaille den 17. Mertz 1712.
… Gestern hatt mich mons. le dauphins hündtgen weinen machen:
das arme [thier] kam gestern in die tribune von der capel, suchte seinen
herrn, wo er ihn das letzte mahl hatte knien sehen, sahe alle menschen gantz
betrübt ahn, alß wenn er unß alle fragen [wollte], wo sein herr hinkommen
were; das hatt mich recht gejammert. Es frewet mich auß zwey ursachen,
in das allerheyligste zu gehen, erstlich, man hört den König nie sprechen,
alß dar, undt ich, die ich den König respectire undt liebe, es war mir
schmertzlich, ihn mein leben nicht alß durch audientzen sprechen zu können;
zum andern so schiene es eine rechte ungnadt sein, allein von den gantzen
Königlichen hauß außgeschlossen zu sein. Außer die zwey ursachen habe ich
keine, so mich wünschen machte in den cabinet. Ich bin auch fro, daß E.
L. sehen, daß sie sich betrogen, wie sie gemeint, daß Dero gnade vor mich
undt mein attachement vor dießelbe ursach war, daß ich nicht ins cabinet
ging; die ursach, warumb man mir aber nun erlaubt, hineinzugehen, weiß
ich warlich, denn wie man mirs vor dießem abgeschlagen hatte, habe ich
nicht mehr davon gesprochen, auch glaube ich nicht, daß die unglück dran
schuldt sein, es seye, daß man mir will glauben machen, daß mad. la
dauphine allein dran schuldig geweßen seye. Es ist schimpflich vor Churpfaltz,
daß er die eintzige raugräffin, so ungeheüraht ist undt nie keine kinder
bekommen kan, nicht alles gibt was ihr gehört … Die rage gegen meinen
sohn ist ärger, alß nie; sie wollen nicht sehen, daß des letzten dauphins todt
[307]
gegen sein interesse ist, er soll den auch vergifft haben. Mein sohn wolte
Homberg in die bastille schicken, weillen man gesagt, daß dießer auff meines
sohns befehl den gifft preparirt hette, drumb wolte mein sohn, daß man ihn
ernstlich examiniren solte. Der König weiß gar woll, daß kein wordt ahn
dießer leichtverdigen lüge wahr ist, undt ob I. M. es zwar offendtlich ahn
tag geben, ist man doch so boßhafft bey hoff, nur das übel glauben zu
wollen undt nicht die warheit. Damitt hofft man zu verhindern, daß der
König meinen sohn in staadtssachen brauchen möge, sondern sich auff
andere verlaßen …