Seitenbanner

Brief vom 24. März 1712

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


791.


[308]
Versaille den 24. Mertz 1712.
… Im allerheylligen spricht man viel von geschenen sachen, aber kein wordt von den gegenwertigen noch vom krieg noch frieden, auch nicht von den 3 dauphins undt die dauphine, umb den König nicht dran zu gemahnen; sobaldt er davon ahnfengt, sprech ich geschwindt von waß anders undt thue alß wenn ichs nicht gehört hette. Wolte Gott, es weren kein schwerere punckte in den frieden, alß die, die Königin vor Königin in Engellandt, vor rechtmäßige Königin zu erkenen undt die sie zu erben wehlt hatt. Unßer König in Englandt jammert mich doch, er meritirt glücklicher zu werden, alß I. M. sein, es ist ein wollgezogener, höfflicher herr. Ich glaub, daß, wenn die Königin in Engellandt zwar nicht begehrt hette, daß man I. L. den Churfürsten von Braunsweig vor Churfürst hir erkenen solte, were es doch geschehen. Es stundt in frantzoschen zeittungen, die Königin Anne wolle mitt aller gewaldt, daß E. L. zu I. M. nach Engellandt solten. Das würde mir nicht gefahlen, wenns wahr were, auß die ursachen, so ich E. L. schon offt gesagt. Aber was ich gerne hette, were, daß die Königin E. L. die pension gebe, so sie selber gehabt, wie [sie] noch printzessin war, denn das were gantz billig. Wo hatt der Churprintz das lange gesicht her? Ich weiß ja niemandts im gantzen hauß Braunsweig, so ein lang schmahl gesicht hatt; undt wie mag er sein lang gesicht so gern sehen, daß er sich so offt spigelt? Ich glaube, daß dießer herr ebenso wenig weiß, was er begehrt, wenn er so gern König in Engellandt sein will. Ich bin persuadirt, daß, wenn er es sein würde, er offt gedencken würde: alß were ich noch Churprintz von Braunsweig! Meint er denn, daß man sich nicht zwingen muß, wenn man König ist? Königsleben ist nichts alß purer zwang …
Impressum
Datenschutz
KontaktPost
Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 24. März 1712 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 2 (1891), S. 308
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d08b0791.html
Änderungsstand:
Tintenfass