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Brief vom 2. Oktober 1669

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Anna Katharina v. Harling, geb. v. Uffeln


8.


[008]
Schwetzingen den 2. october 1669.
… Ich zweiffele nicht, daß ihre reiß gar lustig geweßen, undt hette ich wohl die gnad mögen haben, ma tante aufzuwarten, kan aber in dießem fall nichts mehr sagen als das fraw Harling schon weiß, nemblich daß es mir gar leydt war, daß ich nicht mit dörffte, und meinem bruder auch. Eins aber erfreüet mich doch noch, daß ich höre, daß ma tante undt oncle glücklich wider nach hauß kommen, hoffe undt wünsche auch von hertzen, daß ma tante ein glückseeliches kintbett mögen haben. Was aber anbelangt, daß wir solten ma tante undt oncle zu Iburg aufwarten, da ist mein bruder undt mir nicht wohl bey, denn wir hören kein wort darvon, undt förchte ich gar sehr, daß es nichts sein solte, undt möchte wohl all unser hofnung in den brunen fallen. Ich aber will noch als hoffen undt einmahl versuchen, ob das sprichwort wahr sey: Hoffnung läst nicht zu schanden werden; geschicht es dan nicht, so haben wir doch, daß ma tante undt oncle unß als noch genädig sein, daß sie unß wollen bey sich haben, welches dan eins von unsere gröste freuden ist. Wir seindt itzunder alle hir, biß die trauer wegen der Königin von Englandt[1] wirdt fertig sein. Es ist viel lustiger hir als zu Heydelberg. Ich muß fraw Harling auch sagen, daß mein bruder schir were erschoßen worden: er ist mit papa zu Öttlingen bey dem margraffen von Baden auf der hirschbrunfft geweßen, so seindt sie, papa, mein bruder undt die margraffen auf einen wagen gefahren, so ist [009] margraf Ferdinant[2] sein rohr loß gangen undt hat sich selber in den arm geschoßen, daß das fett von seinem arm (dan er bald so fett war als Hertzog Johan Friderich) meinem bruder in die har undt ins gesicht geflogen, denn er neben ihm saß. Und hette er den kopf nicht uber ein seit gedrehet undt hette mit einem, so auch im wagen saß, geredt, so were er erschoßen worden. Der margraf ist 9 tag gelegen undt den 10. tag gestorben. Der schuß ist durch die hoße neben dem bauch in den arm gangen. Es ist wohl ein groß unglück mit den margraffen, denn er schon der vierte, welcher sich selber erschoßen: sein bruder, sein oncle undt sein großoncle, undt alle 4 bey dißes regierenden margrafen zeiten.[3]
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 2. Oktober 1669 von Elisabeth Charlotte an Katharina v. Harling
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann (1895), S. 8–9
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d09b0008.html
Änderungsstand:
Tintenfass