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Brief vom 26. Mai 1671

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Anna Katharina v. Harling, geb. v. Uffeln


14.


[014]
Schwetzingen den 26. may 1671.
… Auß ihrem lieben schreiben sehe ich, daß mein bruder nuhnmehr zu Osnabruck ankommen ist. Wie leidt es mir ist, daß ich nicht mit dabey sein kan, halte ich woll, daß mein lieb fraw Harling wohl selber wirdt erachten können, ohne daß ichs viel beschreibe; freüet mich doch noch, daß ich mit dabey gewünscht werde, muß aber dencken, daß es mir geht als wie unßer herrgott zum reichen mann gesagt hat[1]: ich habe mein guttes vor etlichen jahren entpfangen undt mein bruder bekombts erst itzunder. Jedoch habe ich noch hofnung, sie allesambt baldt hir zu sehen undt muß mich also mit der hofnung abspeißen, wiewohl es ein zimblich mager eßen ist. Ich höre wohl, mein bruder vertritt gantz meine stelle, biß auch auf das, daß er auch so gewaschen wirdt wie fraw Harling mich als gewaschen hat. Dißes thut ihm als einem hochzeiter gar wohl von nöhten, damit, wan er zu seiner braut kompt, daß er gläntzt wie ein carfünckelstein im ofenloch. Mein bruder kan mir nicht genung beschreiben, wie große gnade undt ehr ihm widerfähret, undt gefält ihm das leben gar wohl. Er ist aber nicht närrisch hirin; ich weiß auch wohl, was es ist. Er hat mir auch gerümbt, wie der eltste printz schon so braff zum ring rennen kann undt auch den ring in die mitte hinweg genohmen habe; suma sumarum sein gantzer brieff ist nichts anders als wie er so wohl zufriden, undt wie’s ihm so wohl geht; das tantzen undt spielger spillen gefalt ihm auch gar trefflich woll … Mein lieb fraw Harling muß noch nicht von alter sagen, denn weil sie noch so frisch undt gesundt ist undt sich noch als mit lustig machen kan, muß sie sich gar nicht einbilden, daß sie alt sey; ich aber hoffe sie noch viel inerhalb 20 jahren zu sehen undt mit ihr lustig zu sein. Mein bruder wirdt doch die hoffmeistersschafft unter dem nahmen gutten rahts gar gern annehmen, ich imgleichen auch, wan ich nur möchte darbey sein. Ich bitte, [015] mein lieb fraw Harling wolle mich doch auch als bey matante undt oncle in gnaden helfen erhalten undt auch achtung haben, daß mein bruder, so anweßendt, mich abweßende nicht gantz außsticht…
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 26. Mai 1671 von Elisabeth Charlotte an Katharina v. Harling
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann (1895), S. 14–15
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d09b0014.html
Änderungsstand:
Tintenfass