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Brief vom 21. April 1672

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Anna Katharina v. Harling, geb. v. Uffeln


18.


[018]
St. Germain den 21. aprill 1672.
… Ob ich zwar vor dißmahl fast gar nicht der zeit habe, zu schreiben, so habe ich doch diße gelegenheit mit Hacksthaußen[1] nicht wollen vorbey [019] gehn laßen, umb zu erweißen, daß nicht auß vergeßenheit, sondern mangel der zeit ich noch nicht auf eüere 2 schreiben geantwortet hab, ob sie zwar alle beyde mir angenehm geweßen. Mit erster post aber will ich so einen unüberwindtlichen langen brief schreiben, daß ihr, mein lieb jungfer Uffel, euch über die lenge verwundern solt. Dieße zukünfftige post aber kan es noch nicht geschen, denn es gegen die zeit heißen wirdt: Scheiden, bitter scheyden, scheyden ist der todt, undt also eher nicht, biß ich mich ein wenig werd erholt haben, geschen wirdt. Dißer abschidt wirdt eins von den rauen winden mit sein, davon ihr mir schreibt; aber der sonnenschein wirdt in gantze 6 monat nicht drauf kommen, welches schir ein wenig zu lang ist, denn neben dißem starcken windt wol etliche kleine auch mit unter wehen werden. Aber es heist patiens[2] ebenso woll darin als itzunder, da ich gern lenger schreiben wolte undt wegen der zeit nichts sagen kan als daß mein lieb jungfer Uffel gewiß glauben mag, daß ich ihre affectionirte freündin bin ...
Bey princen undt princes bitte ich mein compliment abzulegen, dem elsten aber insonderheit ein entschuldig[3] zu machen, daß ich nicht schreibe, undt dabey zu sagen, daß, ob ich zwar hir sey, so sey meine liebe noch nicht erkalt, denn das sprichwort sonst ligen müste: Alte liebe rostet nicht.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 21. April 1672 von Elisabeth Charlotte an Katharina v. Harling
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann (1895), S. 18–19
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d09b0018.html
Änderungsstand:
Tintenfass