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Brief vom 10. April 1681

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Anna Katharina v. Harling, geb. v. Uffeln


40.


[037]
St. Cloud den 10. aprill 1681.
… Sobaldt ihr dießen brieff durch Mr. de Ditfort entpfangen werdet, werdet ihr die freüde haben, printz Güstien[1] wider zu sehen; ich zweifle auch nicht, daß I. L. auch fro sein werden, wider zu hauße zu sein, denn die zeit ist dem gutten printzen hir lang genung gefahlen. Ihr möchtet mir wol sagen: worumb ich nicht gesorgt hette, daß er sich beßer divertiren möge? Hirauf antworte ich: daß solches nicht bey mir gestanden, denn wenn ich meister genung were und thun könte waß ich wolte, so würde ich [038] mein bestes gethan haben, I. L. zu contentiren, aber hir lest sich so gar nicht thun. Aber genung hirvon, denn ich werde gantz ungedultig, wenn ich davon rede. … Ob der Hertzog von Befern[2] schon von so einem großen hauße ist, daß man nicht über ihn noch seine gemahlin[3] lachen darf, so kan man sich doch woll ein wenig über seine zott jungfern erlustiren, glaube auch, daß Jeme ihrer nicht gespart hat; hette sie woll sehen mögen. Ich erinere mich noch gar woll, daß ich den Hertzog zu Wolffenbüttel gesehen und daß er die augen so wunderlich herumb drehete; hat er nicht princes Cristine von Eschwe[4] zur gemahlin? schreibt mir doch, wenn es die ist, ob sie nicht ein wenig zu Hanover gestürmbt hat, denn wie ich von ihr habe reden hören, so ist der humor woll so wunderlich alß die kleydung. Nun oncle[5] wider zu hauße ist, so zweifle ich nicht, daß das balet baldt seinen fortgang haben wirdt; ich hoffe, daß Jeme mir ein buch davon schicken wirdt, möchte es aber viel lieber in der that sehen undt hernach die reiße in den sauerbrunnen mit thun; nicht alß madame, denn das were gar zu langweillig, sondern nur alß Liselotte, wie ich vor dießem war, dan ich bilde mir ein, daß es lustig dar zugehen wirdt. Weil ihr mir part von denen plaisirs gebt, so ihr andern habt, so muß ich auch verzehlen, waß es hir gibt: biß dinstag wirdt der König, die Königin undt gantzer hoff herkommen; sie werden 8 tage hir bleiben, in welchen wir 4 commedien undt 4 bals haben sollen; das letztere wirdt kein spas vor mir sein, denn ich tantze nicht mehr gerne undt mag mich noch weniger butzen laßen, wie ihr woll wist, aber ich hoffe, daß wir auch in der zeit hir jagen werden, undt das ist meines thuns. Wan all diß geraß ein endt haben wirdt, will ich euch schreiben, wie es abgeloffen. Unterdeßen muß ich euch, mein lieb fraw von Harling, noch sagen, daß ich nun eine alte mutter bin, denn mein sohn[6] ist in hoßen undt wambs, sicht all artlich auß. Ich wolte, daß ihr ihn so sehen köntet, denn er ist nun viel menschlicher undt raisonabler, alß er war, wie ma tante hir war. Mein medgen[7] aber ist jetzt eines von den posirlichsten kindern, so ihr jemahlen gesehn, blaudert ohnerhört undt alles was ihr in kopff kompt; ist eine dolle humel[8]; [ich] weiß nicht, waß endtlich auß ihr werden wirdt; verstand fehlt ihr nicht, aber sie ist [039] sehr muhtwillig undt ob sie zwar 2 jahr junger ist alß ihr brüdergen, so ist sie doch viel stärcker undt nach proportion größer vor ihr alter. Wie es weiter hir stehet, wirdt euch Mons. Ditfort verzehlen. …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 10. April 1681 von Elisabeth Charlotte an Katharina v. Harling
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann (1895), S. 37–39
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d09b0040.html
Änderungsstand:
Tintenfass