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Brief vom 15. September 1682

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Anna Katharina v. Harling, geb. v. Uffeln


42.


[039]
St. Cloud den 15. september 1682.
… Überbringer dießes wirdt euch woll nicht unbekandt sein, jedoch so muß ich ihm doch noch das zeügnuß geben, daß er einer von den ehrligsten, treüsten undt wackersten menschen von der welt ist, hoffe also, daß es oncle nicht gereüen wirdt, ihm die gnad gethan zu haben, vor einen hoffjuncker ahnzunehmen. Were ich nicht so unglücklich, daß Monsieur meinen feinden mehr glaubt, alß mir, undt derowegen niemandes bey mir leidt von denen, so mir trew sein (wie wir deßen leyder ein groß exempel seitter 5 wochen her gesehen)[1], sonsten hette ich Wendt[2] woll nie von mir gelaßen, denn [040] ich muß ihm das mit warheit nachsagen, daß, so groß profit alß auch hir zu gewinnen ist, mir untrew zu sein undt mich bey meinen feinden zu verrahten, wie viele gethan haben, so habe ich nicht allein nicht die geringste untrewe ahn ihm verspüret, sondern er hat auch alles hazardirt undt sich nicht verhehlet, daß er gantz mir ergeben seye. Undt weilen ihr, mein hertzlieb fraw von Harling, mich lieb habt, so zweiffele ich auch nicht, daß euch Wendt hirinen gefahlen wirdt, bitte euch derowegen, mir den gefahlen zu erweißen, ihm bey dem hoff, wo er so gantz neü wirdt sein, mit ewerem gutten raht beyzustehen. …
Weilen ich dießes durch eine sichere gelegenheit schicke undt derowegen auch viel offenhertziger rede, alß durch die post, so bitte ich euch, sagt doch ahn Mons. Harling von meinetwegen, daß er meinen kleinen Harling[3] alß fleißig warne, nicht in die hießige laster zu fallen; ich habe zwar noch nichts ahn ihm gottlob verspüret, so mich könte förchten machen, daß er sich nicht zu allem gutten begeben mögte, jedoch weilen das das eintzige mittel ist sambt dem interesse, wormit man mir schir alle meine pagen und sonst domestiquen veruntrewet, so kan man nicht genung davor warnen; denn so viel alß ich ihm auch davon sagen mag, mögte er vielleicht gedencken, daß mein eygen interesse mich reden macht; wenn er aber eben daßelbige von seinem oncle vernehmen wirdt, so wirdt er in sich selbsten dencken können, daß was ich ihm sage vor sein bestes ist. Undt dießes wünsch ich auß zweyen ursachen: erstlich damit Harling desto perfecter werden möge undt ihr euch nicht gereüen möget, mir das kint vertrawet zu haben; zum andern aber auch umb mein eygen selbst willen, denn deren art leütte trewe, ob sie einem zwar sehr ahngenehm ist, so kan sie einem doch nicht so viel nutzen, alß ihre untrew einem schaden kan, insonderheit wenn sie in meiner feinde hände kommen, welche sie in allen lügen instruiren, wie ich denn leyder schon nur zu viel bin gewahr worden. … Weilen dießer brieff gar alt werden wirdt, will ich vor dißmahl nichts mehrers sagen, alß daß ich euch allezeit lieb habe undt behalten werde. …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 15. September 1682 von Elisabeth Charlotte an Katharina v. Harling
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann (1895), S. 39–40
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d09b0042.html
Änderungsstand:
Tintenfass