Seitenbanner

Brief vom 8. September 1694

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Anna Katharina v. Harling, geb. v. Uffeln


63.


[056]
St. Cloud den 8. september 1694.
… Mich verlangt sehr, biß Babet widerkompt, nicht allein wegen des balsams, sondern auch daß ich hoffe, daß man mir mit dießer sichern gelegenheit einmahl wirdt zu wißen thun, waß die historie mit der Churprintzeßin[1] eygendtlich ist. Ich habe ma tante alles geschrieben, waß man hir davon verzehlt hat, I. L. sagen aber, es seyen lauter lügen; allebewohl ist graff Königsmarck verlohren und die Churprintzes aufs landt[2] ohne daß sie ihr herr vatter mehr sehen will. Hiran muß woll waß stecken, kan also [057] nicht recht wißen, waß es sein mag; bilde mir allerhandt dolle sachen ein; muß aber gedult haben, biß Babet kompt. Ich kan nicht begreifen, worumb man meine brieffe aufbricht, denn ich weiß ja kein secret vom standt, kan also nichts verrahten.
Es ist kein wunder, daß ich so viel sprüchwörter weiß: wir haben ja fast alle tag zu Heydelberg sprichwörter gespielt, undt hernach wie ich herkommen bin, einer von denen, so ahm meisten mit mir umbgangen ist, war der Duc de Crequi[3], welcher keine 3 wort sagen konte, ohne ein sprichwort dabey zu setzen, habe also alle sprichwörter auf teütsch und frantzösch gelehrnt undt den kopf all voll davon. Ich förchte, ehe die campagne gantz zu endt gehen wirdt, soll es noch auf eine schlägerey außgehen, wobey mir recht bitter bange ist, denn die feinde seindt stärcker alß die frantzoßen.[4] Wan man wie ich nur einen eintzigen sohn dort hat, wirdt einem das hertz sehr schwer bey der sach; sie stehen jetzt nur zwey kleine meilen von einander; die unßerigen seindt zwar starck verschantzt, weilen es aber vergangen jahr zu nichts geholfen, verschantzt zu sein, trawe ich der sachen diß jahr auch nicht, gestehe also, daß mir recht bange ist. … Morgen über 8 tag werden wir nach Fontainebleau [reisen], alwo ich viel jagen werde undt will ich versuchen, ob ich dadurch das greüliche fett ein wenig werde schmeltzen können; ich fürchte aber, daß, weilen ich ordinari, wenn ich jag, beßer eße undt schlafe, so wirdt es noch ärger werden. …
Impressum
Datenschutz
KontaktPost
Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 8. September 1694 von Elisabeth Charlotte an Katharina v. Harling
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann (1895), S. 56–57
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d09b0063.html
Änderungsstand:
Tintenfass