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Brief vom 16. Juni 1697

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Anna Katharina v. Harling, geb. v. Uffeln


73.


[062]
St. Cloud den 16. Juni 1697.
… Vorgestern hab ich ewer schreiben entpfangen, undt weilen ich seyder eine zeit ein wenig mit der lincken handt[1] habe schreiben lernen, alßo will ich mein hertzlieb jungfer Uffel selber dancken, sich mein accidentz so sehr zu hertzen gezogen zu haben. Es war warlich meine schuldt nicht, daß ich gefallen bin; ich rennte nicht, sondern ging nur den schritt, weilen es aber geregnet hatte, glitschte mein pferdt und fiel gar langsam. Hette mein ellenbogen nicht just einen stein gefunden, were mir gar nichts widerfahren, der stein aber, der sich just unter meinem ellenbogen fand, hat mir den knochen vom ellenbogen gantz außeinander gesetzt. Ich muste hernach noch zwey meil fahren, ehe man mir den arm wider einrichten konte; da habe ich viel gelitten, undt im einsetzen auch. Vor den 40. tag werde ich nicht heil werden. Ich wolte gern noch lenger schreiben, allein meine handt ist mir sehr müde, denn ich habe heütte schon einen großen brieff ahn ma tante geschrieben undt meine lincke potte ist noch nicht recht gewont, viel zu kritzeln, muß derowegen schließen, bitte doch noch, Mons. Offlen undt Wendt zu dancken undt ahn Wendt zu sagen, daß le phantosme es ist, so unter mir gefahlen ist. Adieu, mein hertzlieb fraw von Harling, ich [063] will endigen alß wie ich alß sagte, wie ich ein kindt war: Ich bitt umb verzeyung, meine lieb jungfer Uffel, ich wils mein lebelang, mein lebelang, mein lebelang nicht mehr thun, sondern mich gar woll in acht nehmen. Noch einmahl adieu, ich verbleibe mit einem arm wie mit zweyen ewere affectionirte freündin.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 16. Juni 1697 von Elisabeth Charlotte an Katharina v. Harling
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann (1895), S. 62–63
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d09b0073.html
Änderungsstand:
Tintenfass