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Brief vom 3. Januar 1715

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Friedrich v. Harling


21.


[088]
Versaille[s] den 3. Januari 1715.
… Ehe ich aber auf mons. Harlings schreiben antworte, muß ich nach unßerm alten teütschen brauch bey dießem neüen ahngetrettenen jahr ein glückseeliges, friedt- undt freudenreiches neües jahr wünschen undt insonderheit eine beßere volkommenere gesundtheit, alß er bißher gehabt hat. Meine gesundtheit ist gott seye danck gar gut, habe vergangen montag den hirsch gejagt in calesche. Mein sohn ist gott seye danck in so volkommener gesundtheit nun, daß er gestern 5 partien im balhaus gespilt hat; daß er ohnmächtig wardt, kam nur daher, daß er, nachdem er sich so dick gefretten hatte wie ein schindersteff (wie jene jungfer sagte)[1] undt hernach in einer gar warmen cammer bey dem camin eingeschlaffen war, mit einem gar [089] starcken husten undt schnupen. Wir seindt nun gottlob beyde gar woll undt mein sohn hat mir versprochen, hinfüro gescheyder zu sein undt nicht mehr so abscheülich zu freßen. Hannover jammert mich, so einsam geworden zu sein, nachdem es allezeit so lustig geweßen. … Madame de Maintenon[2] befindt sich gar woll; es ist mir des Königs wegen lieb, denn solte sie zu sterben kommen, hilte ich es gefährlich vor den König, denn das attachement vor dieße dame ist sehr groß; sie ist nur zwey jahr alter alß unßer König. Des Königs in Schweden[3] leben ist woll romanesque, fehlt nichts drinen alß daß er verliebt solte werden; wie ich höre, so will er mit aller gewahlt krieg haben; mich deücht doch, er solte lieber den frieden wünschen, sein armes reich wider zu ersetzen, alß neüe unruhe zu suchen. Ich bin ein kindt des friedens undt mögte gern überal frieden sehen. Man hat mir vor wenig tagen eine gar dolle historie von dem artigen jungen Busch[4] undt seiner fraw verzehlt, ich möchte wißen, ob es wahr ist; wenn es wahr ist, jammert er mich woll von hertzen. Ich muß schließen. …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 3. Januar 1715 von Elisabeth Charlotte an Friedrich v. Harling
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann (1895), S. 88–89
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d10b0021.html
Änderungsstand:
Tintenfass