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Paris den 21. Januari 1717.
… Das verzeignuß von herrn Eckhard hat eine große freüde bey
unßeren hießigen gelehrten verursachet, undt [sie] erwarten den rest mit
großem verlangen; ich dancke Mons. Harling sehr vor alle mühe, so er sich
deßwegen gibt. Das hatte ich von herrn Leibnitz klagen hören, daß er viel
ahngefangen, aber wenig außgemacht hat; aber eine sache sagen ihm alle
gelehrten hir nach: daß in gelährtigkeit ihn kein mensch, so jetzt lebt,
übertroffen hat. Mich deücht, unßer König in Engellandt hat mühe, das
vatterlandt zu verlaßen, undt hirin finde ich daß I. M. groß recht haben, denn
in ihren dreyen Königreichen werden sie nie so hertzlich undt warhafftig
geliebet undt respectirt werden, alß in dero Churfürstenthum. Die printzes
von Wallis hat mir ein artig histörgen vom Czaar
[1] verzehlt, wie er alle
curieusen damen attrappirt hat, so von allen orten nach Amsterdam
kommen waren, ihn zu sehen, undt waren alle deßwegen in der comedie
zu Amsterdam. Der Czaar aber, eher er in die comedie ging, befahl,
alle lichter außzuloschen, undt ließ die comedie in duncklem spillen. Alle
damen waren schir vor angst gestorben. Es ist ihnen doch nichts wideriches widerfahren, alß daß sie den Czaar nicht gesehen haben. Ich hoffe, daß,
wenn der frühling undt sommer kommen werden, alßdan Mons. von Harling
wider neüe kräffte bekommen wirdt. … Je lenger man lebt, je weniger,
deücht mir, scheut man den todt, denn die weldt wirdt immer schlimmer.
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Waß der gutte herr Eckhard gethan, reverentzen in leßung meines brieffs
zu machen, ist ein wenig bürgerlich; bin ihm doch davor obligirt, denn es
ist gutt gemeint, undt wenn die leütte waß gutt meinen, jammern sie mich
gleich. Von 60 000 auf 12 000
[2] kommen, ist ein großer abschlag; das
geschicht offt, man lügt nicht allein von Hannover von einer cammer zur
andern, Paris undt das palais Royal kan dieße kunst auch auf ein endt. …