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Brief vom 14. Dezember 1719

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Friedrich v. Harling


93.


[152]
Paris den 14. december 1719.
… Ich will noch heütte andtworten, ob ich zwar so grittlich wie eine wandtlauß bin, denn ich habe seyder verwichenen Sambstag einen so abscheülichen husten undt schnupen, daß ich weder nacht noch tag ruhe habe. … Der König in Englandt ist zwar glücklich undt gesundt zu Londen ahnkommen, aber der printz von Wallis jammert mich von grundt der seelen. Er hat gemeindt, er mache es gar schön, hat einen cammerjuncker ahn den König, seinen herrn vatter, geschickt, umb sich seiner glücklichen ahnkunft mit gar soumissen worten zu erfrewen. Der König [hat] nicht allein den brieff nicht ahngenommen, sondern auch den edelmann abgewießen undt neü verbott außgehen laßen, daß der printz sich der erlaubnuß, so er ihm vor der abreiß, gegeben, die printzessinen, seine fraw döchter, zu sehen, so der arme printz hertzlich lieb hat, das ist widerrufen. Das deucht mir zu hart zu sein, undt solte man ehr urtheilen, daß der König in Englandt vom Czaarischen geschlecht were, alß vom Braunschweigischen undt pfältzischen geblüdt. Das wirdt dem König kein glück bringen, er ist zu hart. See undt windt stellen allezeit unheil ahn, wundere mich also nicht, waß im Bremischen fürstenthum geschehen. Ich wünsche, daß Mons. Harling beßere zeittung [153] von seinen gütern im Oldenburgischen vernehmen möge, alß er sichs versicht, undt wie das frantzösche sprichwordt sagt: Le diable n’est pas tousjours à la porte d’un pauvre homme. Es were einmahl zeit, daß Alberoni seinen verdinten lohn bekeme undt sein gutter freündt, das schwartze kaßperle[1] solte ihn, umb gutte geselschaft zu haben, zu sich nehmen, denn er ist ein rechter bouffon, hat bey Mons. de Vandosme allezeit davor passirt. Churpfaltzs beichtsvatter, so ein jessuwitter ist, hat offendtlich undt gar starck dagegen gepredigt, daß man den armen reformirten ihre heilige-geist-kirche wider geben.[2] So einfältig hatte ich Churpfaltz nicht gehalten, gegen den friedensschluß die pfaffen ahnzuhören undt absolute zu gehorchen. Es mögte I. L. woll übel bekommen, solte alßdan dießen bößen rahtgebern den Sigr. Ortence überlieffern. Wenn aber nach seinem sinn kein jessuwitter im himmel ist, wo thut er den St. Xaviere[3] undt St. Ignace[4] hin? Die pfaffen undt alle Düßeldorfer werden Churpfaltz keine ruhe laßen, biß er die Pfaltz wieder verlest undt Düßeldorf oder Neüburg wirdt. I. G. der seel. Churfürst pflegte alß zu sagen: Es kan nie woll in der welt hergehen, biß man die welt von 3 ungeziffern reiniget: pfaffen, dockter undt advocaten.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 14. Dezember 1719 von Elisabeth Charlotte an Friedrich v. Harling
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann (1895), S. 152–153
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d10b0093.html
Änderungsstand:
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