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Paris den 21. december 1719.
… Ich bin kaum 8 tag hir geweßen, da hab ich meine ahnkunft
schwer bezahlt; auf einen stutz ist mir ein so abscheülicher husten ahngestoßen,
daß ich in 16 tagen nicht habe auß der cammer gehen können; man hat
4 mahl gemeint, daß es mit mir gethan seye. Ich habe innerlich meine
seele gott befohlen undt erwartt, waß drauß werden würde, es ist aber
gottes wille noch nicht geweßen, mich zu sich zu nehmen… Ich hoffe, daß
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es einen schönern undt ahngenehmern frühling geben wirdt. Ich habe nicht
zu St. Cloud bleiben können, weilen man es mir alß eine quinte
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außgelegt hette, wenn ich nicht nach Paris kommen were, wenn alle menschen
wieder von der campagne in die stadt kommen; zum andern würde man
gemeint haben, daß mein sohn undt ich mit einander brouillirt weren; zum
dritten so hette ich doch herein gemüst, dem beylager von meiner enckelin
Mad
lle de Valois
[2] beyzuwohnen. Man kan in dießer welt selten fehlen,
wenn man die raison folgt, undt das muß sein, waß es auch kosten mag,
denn so hat man sich nichts vorzuwerfen, waß auch geschehen mag. Ich
kan nichts von Mons. Laws banque sagen, ich begreife kein wordt dran,
eben alß wenns grichisch oder hebraisch were. Des seel. Königs schulden sollen
alle bezahlt werden, aber wie oder wan kan ich nicht sagen. Mons. von
Harling wirdt vielleicht schon des Alberoni
[3] ungnadt erfahren haben. Er
wolte nach Rom, aber der papst hat es ihm abgeschlagen, wirdt also nach
Genua [gehen], wo die printzes des Ursins
[4] noch ist; werden sich nun
woll wieder vereinigen, das schöne undt fromme paar, umb wieder mit
einander eine neue verrahterey gegen meinen sohn zu stifften. Gott wolle
unß beystehen. Aber ich fürchte immer dieße böße leütte, vor welchen nichts
sicher ist. Wie man den schelmischen pfaffen in ungnade bey seinem König
hat bringen können, weiß ich nicht…