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Brief vom 21. Dezember 1719

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Friedrich v. Harling


95.


[154]
Paris den 21. december 1719.
… Ich bin kaum 8 tag hir geweßen, da hab ich meine ahnkunft schwer bezahlt; auf einen stutz ist mir ein so abscheülicher husten ahngestoßen, daß ich in 16 tagen nicht habe auß der cammer gehen können; man hat 4 mahl gemeint, daß es mit mir gethan seye. Ich habe innerlich meine seele gott befohlen undt erwartt, waß drauß werden würde, es ist aber gottes wille noch nicht geweßen, mich zu sich zu nehmen… Ich hoffe, daß [155] es einen schönern undt ahngenehmern frühling geben wirdt. Ich habe nicht zu St. Cloud bleiben können, weilen man es mir alß eine quinte[1] außgelegt hette, wenn ich nicht nach Paris kommen were, wenn alle menschen wieder von der campagne in die stadt kommen; zum andern würde man gemeint haben, daß mein sohn undt ich mit einander brouillirt weren; zum dritten so hette ich doch herein gemüst, dem beylager von meiner enckelin Madlle de Valois[2] beyzuwohnen. Man kan in dießer welt selten fehlen, wenn man die raison folgt, undt das muß sein, waß es auch kosten mag, denn so hat man sich nichts vorzuwerfen, waß auch geschehen mag. Ich kan nichts von Mons. Laws banque sagen, ich begreife kein wordt dran, eben alß wenns grichisch oder hebraisch were. Des seel. Königs schulden sollen alle bezahlt werden, aber wie oder wan kan ich nicht sagen. Mons. von Harling wirdt vielleicht schon des Alberoni[3] ungnadt erfahren haben. Er wolte nach Rom, aber der papst hat es ihm abgeschlagen, wirdt also nach Genua [gehen], wo die printzes des Ursins[4] noch ist; werden sich nun woll wieder vereinigen, das schöne undt fromme paar, umb wieder mit einander eine neue verrahterey gegen meinen sohn zu stifften. Gott wolle unß beystehen. Aber ich fürchte immer dieße böße leütte, vor welchen nichts sicher ist. Wie man den schelmischen pfaffen in ungnade bey seinem König hat bringen können, weiß ich nicht…
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 21. Dezember 1719 von Elisabeth Charlotte an Friedrich v. Harling
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann (1895), S. 154–155
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d10b0095.html
Änderungsstand:
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