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Brief vom 26. April 1721

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Friedrich v. Harling


123.


[189]
St. Cloud den 26. april 1721.
Mons. von Harling. Wie ich sein schreiben entpfangen, hatte ich gehofft, eine lustige andtwort zu machen durch die freüde, mich wider in meinem lieben St. Cloud zu sehen, aber wie gar nichtig seindt doch der menschen ahnschläge, denn ich schreibe ihm heütte mit recht schwehren hertzen, denn die arme madame Borstel, so mich seyder 30 jahren nicht quittirt hatte, ist dieße nacht gestorben.[1] … Wer hette sagen sollen, daß eine fraw von 36 jahren von unßerer geselschaft sterben sollte, da wir hir 2 damen haben von 86 undt 84 [jahren]. Ich bin ja im zukünftigen mont 69 aldt, die fraw von Ratzenhausen[2] ist aufs wenigst anderthalb jahr alter, alß ich, die hoffmeisterin ein jahr junger, alß ich, undt noch eine dame von etlich undt 50 jahr; wer solte meinen, daß die von 36 ahm ersten fortgehen solte? … Mein dockter findt, daß, ob mich seine letzte purgation in 6 tagen 41 mahl purgirt, ist er doch nicht damit zufrieden, [ich] muß morgen wider schlucken, welches woll eine unahngenehme sache ist. Dieß alles zusamen macht mich zu gritlich, umb heütte mehr zu sagen, alß wie ich bin undt allezeit, in welchem humor ich auch sein mag, verbleibe Mons. von Harlings wahre freündin Elisabeth Charlotte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 26. April 1721 von Elisabeth Charlotte an Friedrich v. Harling
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann (1895), S. 189
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d10b0123.html
Änderungsstand:
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