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Brief vom 5. Oktober 1721

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Friedrich v. Harling


133.


[201]
St. Cloud den 5. october 1721.
Mons. von Harling. Zu Paris habe ich vergangen donnerstag sein schreiben vom 15. sept. zu recht entpfangen, aber nicht eher leßen können, [202] alß biß ich wieder hir ahnkommen. Aber in langer zeit habe ich nicht so viel gelitten, alß den tag[1]: erstlich so hat man mich nicht mit ruhe eßen noch drincken laßen, habe mich alß interrompirt, habe alß aufstehen müßen undt sprechen, habe nicht eßen können. Waß ich von halb 2 biß halb 6 außgestanden, kan ich nicht beschreiben, hatte ein cercle von über 24 tabourets, die wurden 2 mahl verneüert undt ich muste allezeit aufstehen undt niedersitzen undt immer sprechen. Ich bin das sprechen nicht mehr gewohnt, noch die ceremonien, wurde also so erschrecklich müdt, daß ichs nicht außsprechen kan; were ich nicht einen augenblick in meine andere cammer gangen, were ich ubel geworden, denn es war den tag so eine graußame hitz, wie wir das gantze jahr keine entpfunden undt man sich im october nicht versehen, hatte also kein weißzeüg mitgebracht, muste also wie in einem badt sitzen. Es war warlich eine rechte höllische qual, bin noch nicht davon ersetzt, will nicht mehr dran gedencken. …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 5. Oktober 1721 von Elisabeth Charlotte an Friedrich v. Harling
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann (1895), S. 201–202
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d10b0133.html
Änderungsstand:
Tintenfass