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Brief vom 10. September 1722

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Friedrich v. Harling


153.


[217]
St. Cloud den 10. septembre 1722.
Mons. von Harling. Es ist schon 2 posten, daß ich ihm nicht geschrieben, aber es war meine schuldt nicht…; ich bin noch erschrecklich matt undt schwach, alles ist bey mir sehr schlapies. Ich habe alle medicinen, so mir so übel bekommen sein, abgeschafft undt nehme nun ein elixir, so gar nicht unahngenehm zu nehmen ist. Ich fürchte aber, daß ich ihn nicht weiter werde brauchen, denn der arme dockter[1], so es macht, ist gar kranck undt hat sein secret niemandt geben. Ich bin auch in sorgen vor meinen eygenen dockter, Mons. Teray; es ist länger alß 6 wochen, daß er gar nicht schlafen kan, hat offt den durchlauff undt verliehrt gar offt viel bludt durch die feigwartzen, nimbt erschrecklich ab. Ich werde auch erschrecklich mager, habe seyder meinem unglücklichen aderlaß eine gantze spane abgenohmen, habe noch widerwillen zum eßen, aber weniger seyder ich den elixir von Garus brauche. Ich kene viel leütte, so auf den todt lagen undt durch dießen elixir seindt salvirt worden. Ist meine stundt noch nicht kommen, werde ich auch wieder zurecht kommen, wo nicht, so wirdt es ein endt nehmen. Ich wünsche noch fürchte den todt nicht, ergebe alles in gottes hände, mit mir zu machen, waß sein heyliger wille ist. Bißher aber bin ich in einem ellenden standt, habe die schenckel undt füß sehr geschwollen, [218] daß ich gar wenig gehen kan; waß mich aber ahm meisten plagt, ist der abscheüliche krampff, so mir in den kinnbacken kommen undt mit großen schmertzen auf die brust fahlen, von dar auf die schenckeln, knie undt füße. Das ist eine rechte qual, ich glaube, man könte es nicht außstehen, wenn es lenger alß eine halbe stundt wehren solte. Aber hirmit genung von meinem ellende gesprochen; so man mir mit Mons. Terays erlaubnuß woll hette ersparen können, aber in Franckreich ist alles moden; mir aber, die ich sehr altfrenkisch bin, hette man dieße verfluchte mode de remèdes de precaution woll ersparen können, aber es scheint, daß es so hat sein müßen, denn nichts geschicht ungefehr. Fieber habe ich nicht gehabt, were sonst gewiß schon in jene welt spatzirt. … Ich dancke Mons. Harling gar sehr vor alle seine gutte wünsche, aber, wie vorhin gesagt, ich habe mich gantz in den willen gottes ergeben, will also nichts mehr von dießer langweilligen sach reden. …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 10. September 1722 von Elisabeth Charlotte an Friedrich v. Harling
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann (1895), S. 217–218
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d10b0153.html
Änderungsstand:
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