Seitenbanner

Brief vom 1. Oktober 1722

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Friedrich v. Harling


156.


[219]
St. Cloud den 1. october 1722.
… Ob ich zwar beßer bin alß ich geweßen, so kan ich mich doch noch nicht großer gesundtheit berühmen. … Ich bin aber gantz resolvirt, meiner [220] dochter das vergnügen zu geben, mich zu Rheims zu sehen, hoffe auch, daß die verenderung von lufft mir beßer bekommen werde, alß alle remedien. Ich bin der lufft gewohnt, die zeit wirdt lehren, waß drauß werden wirdt; ich übergebe mich in den willen gottes, er machs mit mir, wie’s ihm gefelt. Ist es nicht all eins, ob ich zu St. Clou[1], Villercotteret[2] oder Rheims sterbe? Ich werde biß Montag über 8 tag weg [sein] undt mich biß Sontag, wills gott, zu der reiße prepariren undt zum heylgen abendtmahl gehen. Es mag hernach gehen, wie gott will, mit mir, so kan ich ruhig sterben; werde also gar getrost meine reiße ahnfangen, es setzt mich in keine sorgen, ein altes rauschenplattenknecht, wie ich bin, lest sich nicht leicht erschrecken. Unßere gantze reiße wirdt in 3 wochen geschehen sein; komme ich mit leben undt gesundtheit wieder, werde ich Mons. Harling verzehlen, wie unßere reyß abgangen. Gestern hab ich zu Paris die cron gesehen, womit der König gecront wirdt werden; ich glaube nicht, daß man in der welt waß prächtigers undt schöners undt magnifiquers sehen kan; der große demant, so 3 million kost, ist fort, der große sancy[3] mit seinen camerahten machen la fleur de lis, oben zwischen 2 schöne tours de perles seindt große rubinen, Schmaragten undt Topaßen, alles ist so schön eingefast, daß es nicht zu beschreiben ist. Aber ich muß mich ahnziehen. … [221]
Impressum
Datenschutz
KontaktPost
Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 1. Oktober 1722 von Elisabeth Charlotte an Friedrich v. Harling
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann (1895), S. 219–221
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d10b0156.html
Änderungsstand:
Tintenfass