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Brief vom 25. April 1681

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugraf Karl Ludwig zu Pfalz


8.


[011]
St Clou den 25 Aprill 1681.
Hertzallerlieb Carllutz, es ist zwar war, das ich seyder unßer aller so abscheülich unglück vndt schleünigen todt I. G. deß churfürstens, unßers herren vattern, 3 brieff von Eüch entpfangen vom [012] 6 Nouember 1680, 3/13 Februari 1681 vndt 17/27 Mertz, habe aber solche auß nachfolgende ursachen nicht beantwortet, erstlich weillen ich damahlen, nehmblich alß ich Eweren ersten brieff entpfangen, schon ahn meinem bruder Ewer aller wegen geschrieben vndt derowegen seiner antwort erwarttet, zum andern alß ich solche eben nicht dermaßen gefunden, alß ich es vor Eüch gewünscht, habe ich noch zwey mahl ahn meinem bruder vndt auch ahn I. G. die churfürstin, mein fraw mutter, geschrieben vndt Eüch zum besten vndt starck recommandiret, Ewere geschwisterig all ins gemein vndt Eüch noch absonderlich. Dießes alles aber, wie ich sehe, hatt Eüch leyder mehr geschadt, alß genutzt. Die churfürstin, mein fraw mutter, ist gar raisonable vndt scheynet gar nicht erbittert zu sein; mein bruder aber, wie sie mir geschrieben, ist gar übel mitt Eüch zufrieden. In meinem letzten brieff, den ich ihm geschrieben, habe ich ein lang capitel von Eüch gehalten, ihn auch gebetten, das er mir doch sagen möge, worumb er böß auff Eüch seye, sintemahlen ich Eüch, wie Ihr hir wahret, in solchen gutten sentimenten vor ihm gesehen, das ich unmöglich glauben könte, das Ihr seyderdem etwas gegen ihm hettet thun können, so ihm zuwider were, könte derowegen nichts anderst hirauß urtheillen, alß das er jemandes bey sich haben müste, so Eüch einige böße officien müste geleistet haben, bätte ihn derowegen, mir alle vrsachen zu schreiben, so er über Eüch zu klagen hette; den ich versichert were, das ich Eüch leicht bey ihm justificiren würde. Auff dießen brieff hatt er mir aber gar nicht geantwortet, auffs wenigst biß auff dieße stunde nicht. Dießes ist gar ein böß zeichen vndt alles, was ich Eüch hirauff sagen kan, ist, das es mir von grundt meiner seelen leydt ist, das es Eüch übel geht, vndt wen es mir möglich were, Eüch beßer zu dinen, alß ich es bißher gethan, wolte ich es von hertzen gerne thun; mehr aber, alß ich bißher gethan, ist unmöglich; den ich habe mir dadurch schir meiner fraw mutter undt meines bruders unwillen überem halß gezogen. Nun aber ist nicht anderst zu thun, alß das Ihr Eüch gedulden müst; den mein fraw mutter schreibt mir selber, das sie glaubt, das mitt der zeit mein bruder gegen Eüch endern wirdt. Sie sagt auch, das er Ewere schwestern lieb hatt; drumb werden sie Euch dortten auch woll gutte officien leisten können. Vnterdeßen aber rahte ich Eüch, die gelegenheit nicht auß der handt zu laßen, so Eüch oncle offerirt, bey ihm zu bleiben. Geht derowegen nur in gottes nahmen [013] nach Hannover! Vndt weillen ich glaube, das Ihr wegen Ewerer langen reiße woll waß gelt von nöhten habt, so schreibt mir nur, so baldt Ihr zu Hanover werdet ahnkommen sein, so will ich Eüch ein weckselbrieffgen von 800 pistollen schicken, welches ein rest ist von dem gelt, so mir der könig vergangenen neüjahrstag geben. Hette ich mehr, wolte ichs Eüch von hertzen gerne schicken; unterdeßen aber, hertzlieb Carllutz, müst ihr den willen vor das werck nehmen vndt gedencken, das wen es bey mir stünde, Eüch glücklich zu machen, das ich kein augenblick verseümen würde. Das glaubt nur vestiglich! Den ich sag es Eüch ohne complimenten. Es bleibt mir nun nichts mehr überig, alß Eüch zu sagen, warumb ich endtlich noch nicht eher, alß nun auff Ewerem 3ten vndt letzten brieff geantwortet. Die ursach ist, das wir 9 tag den gantzen hoff hir im hauße gehabt haben. Ihr, der diß gethuns hir gar woll kent, könt jetzt leicht errahten, warumb ich in der zeit nicht geschrieben. Ein tag war bal, ander tags comedie vndt seindt 3 mahl auff die jagt. Segt jetzt, was vor zeitt mir hatt überig bleiben können! Aber weillen Ihr, wie schon gesagt, alles dießes gethuns eben so woll alß ich selber wist, so will ich Eüch nicht lenger damitt auffhalten, sondern von waß anderst reden. Oncle ist, gott sey danck, wider in vollkommener gesundtheit zu Hannover ahngelangt. Mir war, umb die warheit zu bekenen, bludtsangst bey seiner kranckheit, insonderheit weillen hertzog Johan Friderich schon zu Augsburg gestorben ist; aber alles ist gott lob vorbey. Ich glaube, das der gutte Altoviti woll fro geweßen, wie er Eüch gesehen hatt. Wen Ihr jemandes ahntrefft, so ihn wider sehen wirdt, so last ihn von meinetwegen vor sein ahndencken dancken vndt wider ein compliment machen! Das macht mich gantz ahn die uhralten zeitten gedencken. Aber apropo von den zeitten ich muß Eüch etwaß sagen, so Eüch wunder nehmen wirdt. Ich bin jetzt in großem commers mitt unßerm geweßenen obersten Webenheim vndt wir schreiben einander fleißig; seyder ein monat her habe ich zwey brieff von ihm entpfangen. Zu kunfftigen May wirdt er zu meinem bruder nach Heydelberg vndt ich will ihm schreiben, das er Ewerer dorten im besten gedencken solle; den wie Ihr woll wist, so vermag er all viel bey meinem bruder. Botzheim ist nun captein in Hollandt, wie er mir geschrieben. Dießen sommer ist er ein mont lang bey mir geweßen. Weillen ich nicht zweiffele, das Ihr auch noch woll curieux sein möget, vmb zeittung [014] zu haben von dem, waß hir vorgeht, so muß ich Eüch sagen, das, was den mantel betrifft, so ist nichts verendert, sondern wie allezeit. Mitt dem vetter Fana aber hatt es sich dermaßen historien begeben, das wer sie beschreiben wolte, würde es eben so viel bücher geben, alß die Amadis sein, rechte ritterliche begebenheitten. Vom Wächtelle ist auch eine wunderliche historie ahn tag kommen. Wen ich sehen werde, das dießer mein brieff Eüch recht zu handen kompt, will ich Eüch von dießem allem ein theill verzehlen, welches auch, wie ich versichert, Eüch wirdt lachen machen, so melancolisch Ihr auch sein möget mitt rechtmäßiger ursach, vndt solches weiß ich bey mir selber; den gott sey mein zeüg, das mir I. G. deß charfürsten todt dermaßen zu hertzen gangen, das ich vermeinet, das ich mein leben nimermehr würde lachen können! bin auch lenger, alß 2 monat todtbetrübt geweßen; hernacher aber, muß ich gestehen, hab ich mich doch nicht enthalten können, über alle dieße naredeyen zu lachen. Zu den alten possen, welche Ihr wist, seindt noch gantz nagelneüe gekommen, welche noch viel possirlicher sein, alß die alten. Aber genung hirvon, biß das ich Eüch was deüttlicher davon werde reden können. Ich habe mehr alß 10 brieff von unßerer königin in Spanien bekommen, welche gantz voller amities vor Eüch sein. Apropo von ihr, ihr armer St Chaman, den sie alß maman hieße, ligt aufm todt; man meint nicht, das er davon kompt. Die ihn kenen, sagen, das er auß lieb vor sie stirbt; den seyderdem er auß Spanien widerkommen ist, hatt er keine lustige stunde mehr gehabt. Das dauert mich recht. Aber es ist auch woll ein mahl zeit, das ich dießen brieff schließe. Adieu, hertzlieb Carllutz! Glaubt, das niemandes in der welt Eüch lieber hatt, alß ich, vndt wo ichs Eüch werde erweißen können, werde ichs von hertzen gerne thun; den biß in todt werde ich Ewere trewe freündin verbleiben. Vielle vndt manche ursachen verbinden mich hirzu, insonderheit aber das vertrawen, so Ihr mir erweist. Wen der könig fort fahret, mir alle jahr zu geben, wie diß jahr, solt Ihr es gewiß, wen Ihrs von nöhten werdt haben, mitt entpfinden. Adieu!
P. S.
Ich muß Eüch noch sagen, das mll. de Piene ein balet mitt md. la Dauphine gedantzt hatt, alwo sie so viel conquetten gethan, das [015] es nicht zu beschreiben ist, von den högsten biß zu den geringsten. Der prince de la Rochesurion ist in der zahl nicht der vornehmbste, wie man sagt; Ihr versteht mich woll, allein das glaube ich doch nicht; der duc de la Ferté hatt eine solche passion vor sie, das er sich gantz bekehrt hatt vndt gar nicht desbauchirt mehr ist. Die andere amants seindt marquis de Nangy, mons. Harcourt vndt noch andere mehr, so mir jetzt nicht beyfahlen. Seht, wie viel rivals Ihr habt!
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 25. April 1681 von Elisabeth Charlotte an Karl Ludwig zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 11–15
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0008.html
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