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A mad. Louisse, raugräffin zu Pfaltz, a Franckfort.
St Clou den 17 September 1695.
Hertzliebe Louisse, ob wir zwar heütte ein solch gethuns hir gehabt,
daß mir der kopff schir dauselicht drüber ist, so will ich doch noch
auff Ewern lieben brieff vom 27 Aug.–6 September, so ich dießen
nachmittag entpfangen, antwortten; den wer weiß, waß unß morgen vor
verhindernüßen noch vorfahlen können. Ehe ich aber antworte, will
ich Eüch doch verzehlen, waß wir hir gehabt haben, seyder ich Ewer
schreiben entpfangen. Erstlich so ist ein schwarm duchessen
herkommen, weillen ich eine audientz ahn die venetianische
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ambassadrice heütte geben müßen; hernach war die audientz, so all
zimblich lang gewehrt; den es geht mitt gravitet und ceremonien her;
hernach wie diß auß war, ist mons. le Dauphin mitt der princes de
Conti herkommen; wie die weg wahren, ist made la duchesse de
Brachane kommen, abschiedt zu nehmen; den sie geht nach Rom;
hernach ist die gutte fraw von Klenck in mein cabinet kommen;
dieße war nicht so baldt weg, so kam der surindentent von mein
hauß, wegen ein affaire mitt mir zu sprechen; suma alle
augenblick dießen gantzen tag durch bin ich interompiret worden. Gott
gebe, daß ich jetzt doch einmahl dießen brieff außschreiben möge!
Ich bitte, sagt mir doch, waß ein staffet ist! den ich weiß
es nicht undt habe nie nichts davon gehört. Dießmahl ist Ewer
schreiben, liebe Louisse, auch gar frisch ahnkommen undt nur
10 tagen unterwegen geweßen. Ich habe Eüch letzmahl geschrieben,
wie daß mein sohn nun ahnkommen. Die freüde, ihn wider zu
sehen, ist mir ein wenig versaltzen worden, indem er seyder dem
wider 2 acces vom 3tagigen fieber bekommen. Ich habe ihm
derowegen sein quinquina gantz abgeschafft. Heütte hatt der tritte acces,
gott sey lob undt danck, gantz manquirt. Ich weiß nicht, in
welcher gazetten Ihr gesehen, waß mitt meinem sohn vorgangen, aber
es war alles wahr, wie Ihr es drinen geleßen habt. Mich deücht,
alle gazetten außer die Parisser sagen seyder eine zeit her all
zimblich war. Ich gestehe, daß mein sohn den krieg sehr liebt, undt
die, so ihn dort sehen, sagen, daß er sich sehr aplicirt undt sein
handtwerck woll lernt, aber mir ist nicht allezeit wohl bey der sach;
den in dem handtwerk verliehrt man offt arm undt bein, wo nicht
gar daß leben. Were die campagne nicht zum endt, hetten wir
meinen sohn nicht her gekricht. Es ist schon lang, daß daß schloß
von Namur über ist; wundert mich, daß Ihr es nicht eher, alß den
5ten erfahren. Ich weiß nun auch, daß keine schlacht mehr
vorgehen wirdt. Man kan woll nicht leugnen, daß es eine
abscheüliche sache umb den krieg ist. Es wundert mich sehr, daß
pfaltzgraff Carl unßerm herr vatter s. gleicht; den sie wahren ja einander
nicht verwandt, wiewoll von einem hauß. Ich bin fro, recht zu wißen,
wie es mitt der Holländerin beschaffen undt daß alles falsch ist
[1], waß
man davon außgeben hatt. Es wundert mich, daß der gutte herr
Fabritzius sich hatt in seinem alter hatt auß einer großen
kranckheit ziehen können; den er kan gar nicht jung mehr sein, den
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ich fange schon ahn, alt zu werden, undt wie ich noch ein gar klein
kindt war, habe ich den he. Fabritzius bey mons. Louis, den baron
von Seltz, gesehen, daß er schon nicht gar jung schiene, kan es
also woll itzunder nicht sein. Ich bitte Eüch, liebe Louisse, wen
Ihr den he. Fabritzius wider secht, so grüst ihn von meinetwegen
undt sagt ihm, daß es mir lieb seye, daß er wider gesundt ist! Vor
herr Max bin ich recht in sorgen. Die ohren solten ihm heütte
billig geschelt haben; den mon maistre Jeme undt ich haben heütte
lange von ihm gesprochen. Ich bitte, liebe Louisse, sagt ihm dießes
sambt meinen gruß! Daß die beyde bücher nicht seindt von Bassel
hergelieffert worden, ist Ewer schuldt nicht. Ihr habt Eüch nur
schon gar zu viel mühe davor geben. Ich fürchte, daß weillen der
apotheker Frey nicht auff die brieffe antwort, so ich ihm schreiben
laße, daß er vielleicht muß gestorben sein undt die bücher also
verlohren worden, welches mir desto leyder ist, weillen Ihr mir sie
gegeben undt ich sie Ewerthalben all mein leben habe behalten
wollen. Bedanke mich gar sehr vor der obligeante offre, so Ihr
mir, liebe Louisse thut, mir ferner einigen gefahlen zu erweißen,
wie auch alle amitié, so Ihr mir bezeügt, welches mich recht
touchirt. Seydt versichert, liebe Louisse, daß ich Eüch auch recht
von hertzen lieb habe undt allezeit behalten werde undt nichts mehr
wünsche, alß gelegenheit zu finden, Eüch undt Ewere geschwisterig
dieße warheit durch einige ahngenehme dinsten zu versichern!
Amelisgen ambrassire ich von hertzen; ihr ahndencken ist mir
allezeit gar ahngenehm.