Seitenbanner

Brief vom 3. April 1699

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


76.


[129]

A mad. Louisse, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.

Versaille den 3 April 1699.
Hertzliebe Louisse, gestern habe ich Ewer schreiben vom 14/24 Mertz zu recht entpfangen; will nicht lenger verschieben, drauff zu antwortten, ob ich zwar jetzt mitt husten undt schnupen so sehr geplagt bin, daß ich nicht mitt Monsieur nach Paris gekönt habe ins opera; allein ich habe wahrgenohmen, das, wen man mitt dem schreiben einsmahls ins auffschieben kompt, hatt es kein endt hernach undt kommen alß so viel verhindernüßen, daß man nie recht auff die brieffe antwortten kan. Die jagt ist jetzt die zeitvertreib nicht, so ich ahm meisten liebe, sondern die comedien. Auff der jagt gehe ich nunmehr nur wegen meiner gesundtheit; den wen ich keine starcke bewegung habe, so habe ich abscheüliche miltzschmertzen. Ein wolff ist viel weniger, alß ein hirsch, zu förchten; den wen sie gejagt, attaquiren sie die menschen nie. Ich weiß woll, daß I. G. unßer herr vatter s. nie hatt leyden wollen, daß man jagen solle undt reitten; daß habe ich auch erst hir gelernt. Ich bin woll 4 oder 25 mahl gefallen, daß hatt mich aber gar nicht abgeschreckt. Die Rotzenheusserin hatt ohnmoglich mitt den graffen von Hannaw nach Franckfort gekönt; sie hatt sich in einem [130] fall mitt der kutzschen gar einen großen schaden ahn einem bein undt fuß gethan, wie sie auß Lotheringen kommen; es ist noch nicht heill. Ich bin woll Ewer meinung, daß eine kleine compagnie von gutten freünden hundert mahl ahngenehmer ist, alß der große tumult; auch gantz undt gar allein zu sein, haß ich nicht, bring schir mein leben so zu. So übel ich auch die frantzösche ordonance in dem heüraht fundt, so muß ich doch woll folgen, waß sie mitt sich bringen, indem man mich leyder auf Parisser brauch geheürahtet hatt. Ich will Eüch, liebe Louisse, noch woll waß ärgers darvon sagen: es kan geschehen, daß, ob man mir zwar viel gutt zuspricht, daß ich einsmahls bloß von deß königs gnaden werde leben müßen; den verthut Monsieur sein gutt undt mein gutt undt kompt vor mir zu sterben, so habe ich nirgendts nichts zu nehmen; den daß apanage kan mir nicht kommen, indem, wen mein sohn ohne sohn sterben solte, kompt es dem könig wider zu, wie manslehen, bleibt mir also weder heller noch pfening überig undt daß apanage kompt meinem sohn zu; da hab ich nichts ahn zu pretendiren. Man muß ein wenig ein philosoph hir werden; sonsten müst man in stedem angsten leben undt könte nie ruhig sein. Gutte worte zu geben, helffen hir nichts, man gibt einem kein heller mehr, alß einem verschrieben ist. Im testament kan kein man seinem weib noch ein weib ihrem man waß geben. Die gesetze seindt sehr hart vor die weiber hir im ehestandt; daß macht auch so viel bößen ehen hir im landt. Solte ich millionen erben können, könte ich keine pistolle davon disponiren. Die letzte reiß ist mir Paris nicht so übel zugeschlagen wie ordinari. Ob Ewere feder zwar ein wenig gröber geweßen, alß ordinari, so war doch Ewere schriefft schön undt sauber undt meritirte keine entschuldigung. Ich förchte, Ihr werdet meinen großen brieff von Marly nicht entpfangen haben, worinen ich Eüch batte, mir zu schreiben, waß vor ein waßer Ihr mir durch den abé de Thesut geschickt undt wie man es brauchen muß; den hirauff habt Ihr mir nicht geantwortet, liebe Louisse! Von hir kan ich Eüch nicht viel neües sagen. Die jagt ist das eintzige divertissement, so wir nun haben; den daß apartement undt die commedien haben auffgehört, werden zu Fontainebleau erst wider ahnfangen. Adieu! Ambrassirt Amelisse von meinetwegen undt seydt versichert, daß ich Eüch beyde von hertzen lieb habe!
[131]
Impressum
Datenschutz
KontaktPost
Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 3. April 1699 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 129–131
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0076.html
Änderungsstand:
Tintenfass