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Brief vom 13. November 1699

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Amalie Elisabeth zu Pfalz


99.


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A mad. Amelie Elisabeth, raugräffin zu Pfaltz, a Franckfort.

Paris den 13 November 1699.
Hertzliebe Amelisse, Ihr werdet auß waß ich vor zwey tagen [181] ahn Louisse geschrieben, ersehen haben, waß mich bißher von schreiben abgehalten hatte. Selbigen tag, da ich ahn Ewer bruder undt schwester geantwortet, war mir ohnmöglich, Eüch, liebe Amelisse, auch zu schreiben; den Louisse ihr brieff war der 5te, so ich den tag geschrieben hatte, undt Monsieur ließ mich gleich hernach hollen, umb in daß langweillige apartement zu gehen. Carl Moritz habe ich gar exact geantwortet undt starck gepredigt. Gott gebe, daß er davon profitiren möge! Er wirdt vielleicht finden, daß ich ihm zu hart zugesprochen, allein ich habe es gethan, damitt es desto mehr impression geben undt er von dem heßlichen laster ablaßen möge; den daß sauffen ist etwaß unleydtliches. Waß die teütsche commedie ahnbelangt, hatt sie keine eyll. Ich bin gewiß, daß ich die frantzösche errahten habe. Daß ist doch eine dolle fantesey von den herrn zu Franckfort, daß sie keine commedien leyden wollen. Waß könte ihnen doch daß schaden? Die fraw von Rotzenhaussen sagt, daß der herr Obrecht von gar gutter geselschafft ist, wen er will. Ich wünsche, daß alle Ewere affairen nach wunsch außschlagen mögen, undt niemandt interessirt sich mehr in alles, waß Eüch ahngeht, alß ich. Wen der schwedische envoyes auch von so gutter geselschafft ist, alß wie der herr Obrecht, so werdet Ihr doch Eweren winter nicht so gar übel zubringen. Der herrn geistlichen conversation, glaube ich, wirdt die langweilligste sein. Ich wuste nicht, daß der herr Fabritzius geheüraht geweßen; mich deücht, er ware es nicht, wie ich noch zu Heydelberg war, sondern nur sein bruder war geheüraht. Ist es vielleicht deßen witwe, die Ihr besuchen wolt? Mitt wen habt Ihr comerse, umb zeittung von allen orten her zu haben? Wie lustig man sich in der Leibziger meß gemacht, habe ich auß relationen gesehen, so mir ma tante, die fraw churfürstin von Braunsweig, geschickt. Aber wie es auß dießen relationen lautt, so hatt der printz von Bereit die printzes von Weissenfelt nur auß purer lieb undt nicht auff ahngeben seiner fraw schwester genohmen. Die polnische dame jammert mich, mitt gekommen zu sein, umb so einen großen affront außzustehen. Vor zwey tagen habe brieff von pfaltzgraff Christian entpfangen. I. L. sagen, Teütschlandt were seinem herrn sohn gar woll zugeschlagen, fürchte aber, die hießige lufft würde alles wider verderben. Ich bin versichert, daß der printz von Birckenfelt sich braff hatt in Teütschlandt [182] außlachen machen, der Fanchon contrefait im sack zu tragen; alle rechtschaffene leütte lachen ihn hir auch genung mitt auß, seine heroine von einer coureussen zu machen. Ich habe ihm auch meine meinung gar dichte drüber gesagt; es hilfft aber nichts, die junge leütte müßen außraßen. Dieße leichtfertige stücker kosten mehr, alß etwaß recht. Fanchon ihr preiß ist gemacht, sie kost über taußendt pistollen; den der grand prieur de Vandosme erhelt sie undt ist jalous von ihr, undt wen er etwaß erfährt, soll er sie preüglen; also müßen die andern woll die püffe bezahlen; jedoch so hatt sie der printz von Birckenfelt viel wollfeiler, alß andere; den sie hatt eine starcke inclination vor ihm. Weillen Franckreich gar voll von coquetten weibern ist, hette der printz beßer gethan, eine zu nehmen, so ihn braff gelt geben könte, alß eine, so er thewer bezahlen muß. Carl Moritz thut woll, solchen sachen müßig zu gehen. Ambrassirt ihn von meinetwegen, wie auch Louisse! Hirmitt ist Ewer letztes schreiben vom 26 October – 5 November, so ich gestern entpfangen, durchauß beantwortet. Ich komme jetzt auff daß erste vom 14/24 October. Ich weiß keine ander ursach, warumb Eüch landtgraff Carl von Reinfeltz so gelobt, alß das I. L. vielleicht selbigen tag im humor waren, die warheit zu sagen. Ich meinte, daß waßer zu Fontainebleau hette ihm den tribsdrill geben; aber weillen es sein ordinarie ist, so hatt daß waßer keine schuldt. Auff alle article, so man mir gesagt, welche nicht zum besten bey Carl Moritz sein, habe ich ihm starck gepredigt undt nicht verhelt, waß man davon sagt, daneben auch geschrieben, waß man mir guts von ihm gesagt, damitt er sicht, daß ich eins undts ander weiß. Aber weillen Carl Moritz doch gutte qualitetten hatt undt willens ist, die bößen zu corigiren, werde ich ihn nie haßen. Weillen ich glaube, daß ich ihm kein beßer noch entpfindtlicher exempel vor die augen stellen kan, alß I. G. unßer herrn vatter s. sobrietet, so stelle ihm dießes ein par mahl in meinem brieff vor, aber ich glaube, er wirdt Eüch undt Louisse meinen brieff gewießen haben. Die freüllen von Zettern haben mir weiß gemacht, sie hetten processen mitt leütten, so mir gantz unbekandt. Hirauff habe ich sie dem könig pressentirt, wie ich alle teütsche leütte von qualitet thue; hette ich aber gewust, daß ihr proces gegen Ewerem schwager undt neuveux ist, were ich gantz gegen ihnen geweßen. Es ist war, daß dieße freüllen sich gar zu bundt [183] vor ihr alter kleyden; sie seindt gutte medger sonst. Schreibt mir, wo der proces hir von Ewerm schwager ist! so will ich vor ihn solicittiren laßen; das ist etlich mahl nicht ohnnöhtig. Ich fürcht, unßer printz von Birckenfelt spart die warheit, wen er sagt, daß Teütschlandt ihm beßer, alß Franckreich, gefelt; den er hatte sich sehr hir gefrancisirt. Wolte gott, er were, wie er sagt! Mich deücht, es were beßer, daß der marckgraff von Anspach eine vom königlichen hauß hir nehme, so catholisch undt gar reich, alß sich gar nicht zu heürahten. Sein artig brüdergen, so hir ist undt nach Ittallien gesolt hatt, hatt nun die kinderblattern, ist doch außer gefahr. Ich hoffe, daß Carl Moritz noch bey Eüch wirdt geweßen sein, wen mein brieff vor ihm wirdt ahnkommen sein. Ich werde Eüch nun in 3 wochen nicht schreiben können, noch ahn Louisse auch nicht; den morgen werden wir nach Versaille undt weillen wir lang nicht dort geweßen, werde ich viel leütte sehen müßen. Biß mitwoch werden wir wider hieher, freitag hernach fahren wir meiner dochter undt ihrem herrn entgegen undt so lang die bey unß sein werden, werde ich ohnmöglich zeit, zu schreiben, finden können; so baldt sie aber wider weg sein werden, werde ich schreiben. Adieu, liebe Amelisse! Seydt versichert, daß ich Eüch undt Ewere geschwister von hertzen lieb behalte![1]
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 13. November 1699 von Elisabeth Charlotte an Amalie Elisabeth zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 180–183
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0099.html
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