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Brief vom 6. August 1700

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


110.


[199]

A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.

Marly den 6 Augusti 1700.
Hertzliebe Louisse, seyder etlichen tagen habe ich zwey schreiben von Eüch entpfangen, von 20 undt 29 Julli, werde sie beyde hirmitt auff einmahl beantworten, den ich habe ohnmöglich der zeit gehabt, eher, alß nun, zu schreiben; will bey dem frischten ahnfangen, umb daß offte widerhohlen zu verhütten. Es ist schon gar lang, daß baron Willich von Paris weg ist, solte also billig nun all lengst zu hauß sein. Wie er mitt mir sprach, wolte er lachen undt konte nicht, machte gar ein descontenancirt gesicht. Ihr könt woll gedencken, liebe Louisse, daß ich gantz auff Ewer undt Ewers schwager seyte bin undt nichts begehre, alß waß zu Ewern neuvës besten sein kan in dießer sache; also möcht Ihr es noch machen, wie Ihr wist, daß es ahm besten sein wirdt. Es were recht possirlich, wen baron Willich seinen proces auch in Teütschlandt verliehren solte. Ich habe mein bestes bey der hießigen sach gethan undt es hatt mir, gott lob, geglückt. Hir sehe ich Monsieur nie, ahn taffel sitzen wir nicht beysamen, den gantzen tag spillen I. L. undt nachts ist jedes in seiner cammer. Monsieur hatt die schwachheit, zu glauben, daß man ihm unglück bringt, darff also nie bey I. L. spil sein; aber zu St Clou werde ich Ewere dancksagung ablegen, den da spilt er daß große landtsknecht nur zweymahl die woch. Monsieur hatt unß hir einen schrecken eingejagt, hatt zwey acces vom 4tagigen fieber bekommen; heütte ist sein tag, hatt aber, gott lob, noch nichts undt spilt drüben im salon. Gott gebe, daß sich dießen abendt nichts ahnmelt! Wo mir recht ist, so kenne ich keinen eintzigen pfaltzgraff von Sultzbach, erinere mich gar nicht, dieße pfaltzgraffen [200] gesehen zu haben. Hir in Franckreich ist man nicht scrupuleus, die mansleütte, insonderheit wens große herrn seindt, zu besuchen. Wen man geschäfften hatt, kan man nicht ahn divertiren gedencken; wundert mich also nicht, daß Ihr die gutte geselschafft zu Schwalbach verlaßen habt. Die princes von Homburg muß die welt noch nicht recht kenen, weillen sie so gern unter den leütten ist; wer aber der welt falschheit versucht hatt, kan man nichts alß die einsamkeit lieben. Ihr seydt doch, liebe Louisse, nicht alt, umb ein chaperon zu agiren, aber Ewere erbarkeit kan Eüch zum grand chapron machen. Es ist doch artig ahn der princes, nicht haben außgehen wollen, ohne jemandts raisonabels bey sich zu haben, so von ihrer conduitte rechenschafft geben könte. Ich muß lachen, daß Ihr sagt, daß die 4 fürsten nicht gefährlich wahren, weillen sie geheüraht; daß were hir kein obstacle, gallant zu sein. Wen der junge graff Castel her solte kommen, würde er woll leütte finden, so über ihn lachen würden, aber auch viel, so seines gleichen sein würden undt affectirt undt geschminkt sein. Spilt er braff, so wirdt man hir eine merveille auß ihm machen; den daß [ist] eine von den grösten perfectionen itziger zeitten. Mich wundert, daß ma tante, die fraw churfürstin, mir nichts von Carl Moritz zustandt berichtet hatt. Es ist gutt, daß Ihr es erst nach der sauerbrunencur erfahren; den sonsten hette es Eüch schaden können, liebe Louisse! Im werenden krieg sprechen sie doch immer von frieden; der könig in Denemarck ist nicht glücklich im krieg, solte also woll frieden machen. Ich bitte Eüch, liebe Louisse, wen Ihr ahn Carl Moritz schreibt, so sagt ihm doch von meinetwegen, daß ich recht fro bin, daß er wider geneßen ist![1] wünsche, daß es vor lang mag sein. Hirmitt ist Ewer letztes schreiben durchauß beantwortet. Ich komme jetzt auff daß erste, sage nichts mehr vom proces zu Wetzelar; den wir haben genung davon gesprochen schon. Ich wünsche, daß Ihr mir baldt schreiben möget, daß Ewer proces gewunen ist. Ihr habt woll groß recht, die processen zu haßen; den es deücht mir eine verdrießliche sache zu sein. Ich höre hir so sehr über die processen klagen, daß ich glaube, daß sie eben so verdrießlich, alß in Teütschlandt, sein. Warheit in itzigen zeitten hatt leyder wenig die oberhandt. Ich glaube, baron Willich, der Eüch so offt mitt Franckreich getrewet hatt, wirdt nun beschambt sein, wen er Eüch wider sehen wirdt, daß all sein trewen zu waßer [201] worden ist. Ich habe noch einen großen brieff heütte zu schreiben wegen ein affaire, worumb man mich gebetten, werde Eüch also vor dißmahl nichts mehr sagen, alß daß wir gar schönne jagten hir gehabt haben undt daß ich Eüch allezeit von hertzen lieb habe.
P. S.
Bin recht fro, daß Amelisse wider woll ist, ambrassire sie von hertzen hirmitt.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 6. August 1700 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 199–201
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0110.html
Änderungsstand:
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