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Brief vom 19. März 1702

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


161.


[273]

A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.

Versaille den 19 Mertz 1702.
Hertzliebe Louisse, ich will jetzt noch auff Ewer liebes [274] schreiben vom 10 Mertz andtworten durch die Hannover-post; den nach meiner rechnung wirdt Eüch mein brieff noch dort ahntreffen, undt in allem fall, soltet Ihr verreist sein, wirdt Eüch ma tante mein brieff woll nachschicken. Ewer neueu muß Eüch woll verobligirt sein, liebe Louisse, daß Ihr so viel mühe vor ihn nembt, Eüch so sehr mitt seinen affairen zu plagen. Ich kan nichts von Ewer sach sagen, weillen ich die dificulteten nicht weiß, so sich dabey finden können. Ich hoffe, daß diß jetzige sanfftes undt schön wetter ma tante gantz von ihrem husten couriren wirdt; auffs wenigst wünsche ich es von grundt meiner seelen. Monsieur Polier pretendirt, daß der husten gar gesundt ist undt daß sich die natur dadurch purgirt von allen boßen humoren. Ich bin gewiß, daß, wen Ihr monsieur Polier sehen soltet, würdet Ihr ihn sehr wenig verendert finden, geht noch so geschwindt undt strack, alß er sein leben gangen ist, hatt noch seine zähn, ob zwar gar schwartz wegen daß vielle tapackdrincken, sicht ohne brill undt den verstandt gantz wie ordinarie, ist all eben woll nun 82 jahr alt. Ich hoff, ma tante, die fraw churfürstin, wirdt auch so in dem alter sein. Ihre fraw schwester, die fraw abtißen von Maubisson Libden, kan reinere schrifft ohne brill leßen alß ich, hatt den verstandt gutt undt lustig undt lebhafft, allein sie bückt sich sehr. Ich glaube, daß daß späte eßen undt schlaffen gehen nur eine gewohnheit ist. Wen unß unßer hergott nicht schön macht, muß man sich woll getrösten; den man were noch heßlicher, wen man sich drumb hencken solte. Den trost hatt [man], daß die schönnen mitt der zeit auch heßlich sein werden. Die gesundtheit ist ahm besten. Wir haben hir nichts neües, werde Eüch, liebe Louisse, also vor dießmahl nichts mehr sagen, alß daß ich Eüch undt Amelisse undt Carl Moritz allezeit recht lieb behalten werde.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 19. März 1702 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 273–274
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0161.html
Änderungsstand:
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