Seitenbanner

Brief vom 11. Juni 1705

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Amalie Elisabeth zu Pfalz


250.


[399]

A mad. Amelie Elisabeth, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.

Versaille den 11 Juni 1705.
Hertzliebe Amelisse, daß buch, so Ihr mir schicken wolt, muß nicht groß sein, weillen es auff der post kommen kan. Ich werde Eüch sagen, wie ich es finde, wen ich es gesehen werde haben. Nun begreiff ich woll, waß der licent ist. Ich habe nicht in acht genohmen, daß Ihr Veint geschrieben hattet; meinte, es were Wendt geweßen. Es ist kein wunder, daß signeur Ortance in seinem alter nicht mehr verliebt ist; da hatt er zu gutten verstandt dazu. Daß alter bringt leicht verdruß undt trawerigkeit mitt, ich spüre es nur zu woll. Monsieur Frissendorf frawen oncle ist gar ein ehrlicher gutter man, er heist monsieur Cronstrom. Ich halte recht viel von ihm, hatt verstandt undt ist recht dinstbar, thut einem allen gefahlen, so er nur kan undt mag. Ihr seydt glücklich, mitt menschen umbzugehen können undt Eüch lustig machen; J’en cognois de plus misserable, wie in versen stehet. Daß wetter ist eben nicht gar heßlich hir, aber es ist so kalt, daß alles die nächte erfrirt. Von dem spiel, daß man in ein eck pfeifft, habe ich mein leben nichts gehört. Liebe Amelisse, rechnet Ihr die freyheit, zu thun, waß man will, vor nichts, undt in keinen sorgen zu stehn, ob man woll oder übel thut? daß thut doch viel. Von ordenung halte ich auch viel, wen sie gutt ist. Lachen ist eine gewohnheit; man gewehnt sichs ab, wie man sichs ahngewendt hatt. Die fraw von Rotzenhaussen thut ihr best, aber die gewohnheit vom lachen ist bey mir vorbey. Meine gesundtheit ist seyder acht tagen nicht zum besten geweßen, bin nicht außgangen, habe einen starcken husten gehabt; daß thut daß unbeständige wetter. Die gottloßen betten, glaube ich, auß gewohnheit undt leben übel, weillen sie ein böses naturel haben; aber ich bette eben nicht mitt dem eyffer, so ich betten solte, bin in allem ein wenig indollent. Hofflich sein ist allezeit gutt; freündtlich sein ist nicht so nöhtig. Niemandts leydts thun, ist löblich. Ihr hettet nicht nöhtig, gutts von Eüch zu sagen; den andere leütte sagens genung. Die churprintzes zu Hannover thut woll, sich recht lustig zu machen. Chevallie de St [400] Vill kene ich nicht, undt wen er auch bey hoff were, wüste ich nicht, ob er lustig oder trawerig; den ich gehe mitt niemandts mehr umb. Meine gesundtheit drincken wirdt mir den husten verjagen. Adieu, liebe Amelisse! Ich habe Eüch recht lieb.
Impressum
Datenschutz
KontaktPost
Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 11. Juni 1705 von Elisabeth Charlotte an Amalie Elisabeth zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 399–400
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0250.html
Änderungsstand:
Tintenfass