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A mad. Amelie Elisabeth, raugraffin zu Pfaltz, a Paris.[1]
Versaille, gründonnerstag den 21 April 1707.
[2]Hertzliebe Amelisse, ich bitte Eüch, sagt ahn Louise, daß es
mir recht leydt, daß sie kranck ist! Hoffe doch, daß, weillen es nur
ein schnupen, daß es hernacher eine größere undt beßere
gesundtheit erfolgen wirdt; der schnupen solle daß hirn undt den leib gantz
purgiren. Ich wünsche, daß Louise so woll daß gutte alß daß böße
vom husten undt schnupen entpfinden möge. Ich glaube nicht, daß
ein ort in der welt ist, wo der husten undt schnupen nicht regirt
hatt. Es muß etwaß in der lufft [sein]; hir seindts alle menschen
geweß[en] vom ersten biß auff den letzten; alle closter, waß man nur
weiß, hört undt [sicht], hatt über den husten undt schnupen geklagt.
Mein dochter schreibt mir, daß es zu Luneville auch so geweßen; die
königin in Spanien sagt, daß es zu Madrit auch so geweßen, also
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ahn allen enden; den zu Turin auch, zu Modene dergleichen undt
mich deücht, mademoiselle de Malauze klagt auch in Engellandt
drüber. Ich habe nur einen brieff von meinem sohn bekommen,
seyder er verreist; er ist ein fauller schreiber. Dancke Eüch von
hertzen vor alles guts, so Ihr meinem sohn wünscht. Wir haben
hir gar schön wetter, aber seyder gestern kan ich mirs nicht zu
nutze machen; den wir seindt nun in der carwochen, wo man gar
lang in den kirchen ist. Ich bin heütte zum h. abendtmahl gangen.
Die historger von der redoutte, von allen die rendevous hatt mir ma
tante verzehlt, sie seindt possirlich. Adieu, liebe! Ich habe dieße
nacht schir kein aug zu gethan; den ich bin nach ein uhr schlaffen
gangen, vor 7 auffgestanden undt erst lang nach halb 3
eingeschlaffen, umb 6 bin ich wider wacker worden. Es schlaffert mich,
daß ich kaum die augen auffhalten kan, aber schlaffendt oder
wachendt werde ich Eüch undt Louise doch von hertzen lieb behalten.