[078]
A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Heydelberg.
Versaille den 16 Februari 1709.
Hertzliebe Louisse, vor etlichen tagen habe ich Ewer liebes
schreiben vom 2 dießes monts entpfangen, war recht von hertzen
betrübt, wie ich es bekam; den man brachte mir eben die betrübte
zeitung, wie daß unßer tante, die princes Louise von Maubuisson,
[1]
endtlich gestorben nach einer langen kranckheit, undt ob eine
weibsperson zwar woll nicht viel weytter kommen kan, indem I. L.
86 jahr undt 9 mont alt geworden, so hatt es mich doch von
hertzen geschmertzt; den die gutte fürstin hatte mich lieber, alß
ihre andere niepcen, die doch bey I. L. s. erzogen wahren worden,
welches mich sehr touchirt hatte. Zum andern so ist mir auch
bang, daß dießer todtfall ma tante, unßere liebe churfürstin, zu
sehr alteriren wirdt undt ahn dero gesundtheit schaden. Zum 3ten
so [war es] mir alle jahr eine rechte lust, 4 oder 5 mahl deß jahrs dort
zu mittag zu eßen, den gantzen tag bey ma tante zu bleiben, mein
hertz dort auß zu schütten undt abendts in der kühle wider zu
kommen; habe die gutte fürstin woll von hertzen beweint. In
dießem augenblick, da ich Eüch schreibe, ist man drunten in die
[079]
commedie, aber mir ist es gar nicht comedisch, bin noch recht
trawerig, werde morgen die trawer ahnthun. Ich bin recht in
sorgen vor Amelise. Es sey dan, daß ein wenig mutterwehen sich
in ihrem zustandt befinden, sonsten solte ich fürchten, daß es etwaß
gefahrliches sein mögte undt schir wie die leütte, so schlagflüße
bekommen. Zu den flüßen auff der brust seindt die aderläß gar
nicht gutt; vielle haben sich recht übel davon befunden. Waß
mich hoffen macht, daß es nur mutterwehen sein, ist, daß sie dießen
zustandt bekompt mitt ihre zeit, undt daß ist nicht so gefährlich.
Bey dießem wetter ist jederman mitt flüßen geblagt; ich habe
husten undt schnupen, daß ich nicht davor reden kan. Wen
wünschen waß helffen könte, würde Amelise baldt wider in
volkommener gesundtheit sein undt Ihr auch, liebe Louisse, nichts haben,
so Eüch wehe thut. Es ist nun recht schön frühlingwetter, jedoch
so sterben noch viel leütte. Es ist hundert [jahr], daß man keinen
so starcken frost hir im landt gehabt hatt, alß nun. Man weiß hir
nicht, waß stuben sein. Unßer drincken, wein undt waßer ist von
der schencke biß ahn taffel gantz zu eyß gefroren. Da kommen
hundert vissitten, mir daß leydt zu klagen, muß auff einen stutz
auffhören undt nur sagen, daß ich Eüch von hertzen lieb behalte.