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Brief vom 2. März 1710

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


463.


[164]
Versaille den 2 Mertz 1710.
Hertzliebe Louisse, gestern konte ich Eüch ohnmoglich schreiben, den den gantzen nachmittag hatten wir den englischen hoff hir undt wie die weg wahren, gingen wir in die commedie von Mytridatte undt Lescole des maris,[1] welches erst umb 10 zu endt ginge. Morgendts hatte ich auch nicht schreiben können; den wie ich eben meine bibel laße, kam mein sohn herrein undt sagte, daß er nach Paris [gehe], würde erste heütte nach dem nachteßen wider kommen, also haben wir ein wenig mitt einander geplaudert, bin also sehr spädt fertig. Hette ich dießes vorsehen können, hette ich Eüch vergangen freytag geschrieben, aber ich konte es nicht [165] errahten. Heütte kan ich nur in großer eyll schreiben, den ich habe schon 4 brieff geschrieben, einen ahn mein sohn von 3 seytten, 16 ahn ma tante undt noch einen zimblich großen brieff ahn meinem neüen schatzmeister; den der erste, so mich so bestollen,[2] dem ist, wie man ihn hatt gefangen hatt nehmen wollen, eine solche verzweyfflung ahnkommen, daß er sich von einem cabinet im zweyten stockwerck herunter gestürtzt. Er lebt zwar noch, ist aber gantz zerquetscht undt kan nicht davon kommen. Er hatt eine kist salviren wollen, die hatt man erdapt, habe also deßwegen nach Paris schreiben müßen; den in dießer kist wirdt woll all sein schelmstück stecken. Man hört von nichts hir, alß abscheüliche historien, aber ich habe heütte der zeit nicht, alle andere abscheüliche geschichten zu verzehlen, dancke Eüch nur, liebe Louisse, vor Ewere zwey liebe schreiben, so ich vergangen montag zugleich von Eüch entpfangen vom 11 undt 14 Februari. Gott gebe, daß ich mitt ersten brieffen vernehmen möge, daß der heßliche husten undt schnupen unßere liebe churfürstin verlaßen hatt! Daß I. L. mager worden sein, ist kein wunder, den daß thut dieße kranckheit immer. Vor die relation dancke ich auch sehr, hatt mir einen rechten gefahlen gethan. Ein andermahl werde ich ordentlicher andtwortten, weillen ich aber dießen abendt noch 3 brieff zu schreiben habe, kan ich ohnmöglich mehr sagen, alß daß ich Eüch allezeit von hertzen lieb behalte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 2. März 1710 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 2 (1871), S. 164–165
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d02b0463.html
Änderungsstand:
Tintenfass