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Brief vom 19. April 1715

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


699.


[543]

A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Londre.

Versaille den 19 April 1715.
Hertzallerliebe Louisse, ob ich zwar heütte nicht mehr der zeit habe, alß Eüch ein par wort zu schreiben, weillen es schon gar spat ist … Heütte morgen seindt wir von 10 biß halb 1 in der kirch geweßen undt dießen nachmittag von halb 3 biß 5, zudem habe ich nohtwendiger weiß müßen 3 brieff schreiben undt mademoiselle de Malause ihren außschreiben, so ich gestern ahngefangen hatte. Biß dinstag hoffe ich, ob gott will, Eüch eine lange epistel zu schreiben; durch dieße werde ich nur sagen, daß ich noch waß matt von allen remedien bin, so man vergangene woch gebraucht. Vergangen dinstag habe ich Eüch ohnmöglich schreiben können, den wir seindt auff der jagt geweßen von 2 biß halb 8 undt haben nichts gefangen; es kont mir aber nicht gereüen, den daß wetter war so perfect schön, daß ich gefühlt, daß es mir krafften geben. Ich habe in dießer woch 2 liebe schreiben von Eüch entpfangen vom 1 April / 21 Mertz undt vom 8 April / 28 Mertz. Heütte aber ist ahn kein andtwortten zu gedencken; den ich muß jetzt gleich ahn mein dochter schreiben. Ich bin noch dazu (wie man in der lieben Pfaltz sagt) heütte gritlich, wie eine wandtlauß, undt habe es auch recht ursach. Aber ich kan nicht alles sagen, nur ein eschantillon, nehmblich daß der könig der printzes des Ursin, so recht straffwürdig ist, meinen sohn vor einen vergiffter zu passiren machen, die recompensirt man undt gibt ihr 40 taußen[d] francken pension.[1] Die ander[n] 2 ursachen, so mich gridtlich machen, seindt [544] nicht beßer, alß dieße. Solche ungerechtigkeitten machen einem daß leben satt. Man muß dazu stillschweygen undt darff nichts sagen. Man wirdt deß leben greulich müde, den man hatt lautter schlimmes undt gar nichts gutts. Aber waß will man thun? Man muß schweygen undt leyden undt gott alles heimstellen. Ich konte noch lang hirvon reden, allein wegen meiner dochter brieff muß ich enden undt vor dießmahl nichts sagen, alß daß, so matt von leib undt recht trawerig im geist, so ich auch bin undt sein mag, so behalte ich Eüch doch von hertzen lieb.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 19. April 1715 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 2 (1871), S. 543–544
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d02b0699.html
Änderungsstand:
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